Wirbel geht weiter
Palin sieht Irak-Krieg als "gottgewollt"
04.09.2008
Wirbel um Sarah Palin geht weiter: In einem Video bezeichnet sie den Irak-Krieg und den Bau einer Pipeline durch Alaska als "gottgewollt".
Eine Woche nach der Wahl von Barack Obama (Lesen Sie hier mehr dazu) zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten haben die Republikaner offiziell John McCain zu ihrem Spitzenbewerber ernannt. Die rund 2.400 Delegierten des Parteitages in Minneapolis-St. Paul (Bundesstaat Minnesota) sprachen sich in der Nacht auf Donnerstag für den 72- jährigen Senator aus Arizona aus, der bei der Wahl am 4. November mit der 44-jährigen Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, als Vizekandidatin ins Rennen ums Weiße Haus gehen will.
Irak-Krieg "gottgewollt"
Kurz vor Palins Rede waren
neue Details aus ihrer Vergangenheit bekanntgeworden. Am Mittwoch wurde im
Internet ein Videomitschnitt einer Rede vor Schülern veröffentlicht, in der
Palin den Irak-Krieg und den umstrittenen Plan zum Bau einer Gaspipeline
durch Alaska als gottgewollt bezeichnete.
Beifall für Palin
In ihrer Rede auf dem Parteitag war Palin
nach der anhaltenden Kritik in die Offensive gegangen. Sie setzte sich gegen
den Vorwurf der Unerfahrenheit zur Wehr und stellte ihre ländliche Herkunft
als Vorteil hin. Die begeisterten Delegierten spendeten der 44-Jährigen
minutenlangen Beifall. McCain erschien überraschend auf der Bühne neben
Palin und deren Familie. McCain und Palin wurden offiziell als Kandidaten
für die Präsidentschaftswahl nominiert.
"Ich gehöre nicht zur Washingtoner politischen Elite", sagte eine gelassen wirkende Palin in ihrer immer wieder von Jubel und Applaus unterbrochenen Rede. "In den vergangenen Tagen habe ich schnell lernen müssen, dass man von manchen Medien als unqualifiziert betrachtet wird, wenn man nicht Mitglied dieser Washingtoner Elite ist. Aber ich habe wichtige Nachrichten für all diese Reporter und Kommentatoren: Ich will nicht nach Washington gehen, um deren Lob zu bekommen, sondern ich will nach Washington, um den Menschen dieses Landes zu dienen."
Seit ihrer überraschenden Nominierung durch McCain am vergangenen Freitag war in US-Medien immer wieder die Frage der Eignung Palins für die Vizepräsidentschaft aufgeworfen worden. Palin ist erst seit Dezember 2006 Gouverneurin von Alaska, zuvor war sie Bürgermeisterin der Kleinstadt Wasilla. Für Wirbel sorgten in den vergangenen Tagen auch Berichte über die Schwangerschaft von Palins minderjähriger Tochter sowie Vorwürfe des Amtsmissbrauchs.
Attacke auf Obama
In ihrer Nominierungsrede nannte es Palin ein "Privileg",
den größten Teil ihres Lebens in einer kleinen Stadt gewohnt zu haben. "Ich
war Bürgermeisterin meiner Heimatstadt." Die Gouverneurin warf dem
demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama vor, seinen Wahlkampf
unter der Forderung nach einem politischen Neubeginn vor allem zum eigenen
Nutzen zu führen. "Es gibt manche Kandidaten, die den Wechsel vor
allem nutzen, um ihre eigene Karriere zu fördern. Und dann gibt es solche
wie John McCain, die ihre Karriere nutzen, um den Wechsel zu fördern."
Überraschung: Auch McCain trat auf die Bühne
McCain
trat nach der Rede seiner Vizekandidatin überraschend auf die Bühne, wo
Palin mit ihrer Familie den Applaus der Delegierten genoss. "Meinen Sie
nicht auch, dass wir die richtige Wahl für die künftige Vizepräsidentin der
Vereinigten Staaten getroffen haben?", sagte McCain und fügte hinzu: "Was
für eine schöne Familie." Neben ihrem Mann und ihren Kindern
stand auch der Freund von Palins schwangerer Tochter Bristol, Levi Johnston,
auf der Bühne. Eigentlich wurde McCain erst am Donnerstag auf dem Parteitag
erwartet. Dann sollte er seine Nominierungsrede halten.
Giuliani sorgt für Gelächter
Unter den Rednern waren
am Mittwoch der bei der Kandidatenkür der Republikaner unterlegene Mike
Huckabee und der frühere Bürgermeister von New York, Rudolph Giuliani. "Auf
der einen Seite haben wir einen Mann, der sein Leben diesem Land gewidmet hat",
sagte Giuliani mit Blick auf McCains Zeit als Kriegsgefangener in Vietnam. "Auf
der anderen Seite haben wir einen Absolventen einer renommierten
Ostküstenuniversität, (...) der in seiner Zeit als Parlamentarier in
Illinois 130 Mal unfähig war, mit Ja oder Nein zu stimmen, sondern sich
seiner Stimme enthalten hat", sagte Giuliani unter dem höhnischen
Gelächter der Delegierten.
Email-Affäre
Zeitungsberichten zufolge wird Palin durch
eine E-Mail in der Affäre um ihren Ex-Schwager belastet. In einer Mail an
Polizeichef Walter Monegan beschwerte sich die Gouverneurin von Alaska im
vergangenen Jahr heftig über die ihrer Ansicht nach unzureichenden internen
Ermittlungen zum Verhalten ihres Ex-Schwagers, wie die "Washington Post"
am Donnerstag berichtete. Der frühere Mann ihrer Schwester, Mike Wooten,
stand damals in einem bitteren Sorgerechtsstreit mit Palins Schwester.
"Die einjährigen 'Ermittlungen' waren ein Witz", schrieb Palin in einer Mail an Monegan vom 7. Februar 2007, aus der das Blatt zitierte. "Derselbe Polizist steht heute vor den Leuten und erzählt ihnen, die Regierung zerstöre den Polizeiverband, und er werde niemals für diese Schl... Palin arbeiten", heißt es in der unter der privaten Yahoo-Adresse geschriebenen Mail weiter.
Palin wird in dem Fall Amtsmissbrauch vorgeworfen. Sie soll den Beauftragten für öffentliche Sicherheit in Alaska gefeuert haben, weil dieser sich geweigert hatte, Wooten zu entlassen. Die Gouverneurin heuerte kürzlich einen Anwalt an, um sich gegen eine parlamentarische Untersuchung zur Wehr zu setzen. Die Vorwürfe bezeichnet sie als "unverschämt" und schlichtweg "falsch".
Laut "Washington Post" übergab Monegan die E-Mails an Alaskas Ethik-Ausschuss, um seine Angaben zu untermauern, dass er wegen seiner Weigerung, Palins Ex-Schwager zu feuern, entlassen wurde. Palins Sprecherin sagte dazu, sie sehe keine Hinweise darauf, dass Palin Wootens Entlassung angeordnet habe.