Pressefreiheit gefährdet

Massive Kritik an Ungarns Mediengesetz

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Die Rufe nach EU-Sanktionen werden immer lauter.

Die internationale Kritik am neuen Mediengesetz Ungarns wird immer lauter. Die Allianz Europäischer Nachrichtenagenturen (European Alliance of News Agencies/EANA), schrieb am Donnerstag in einem Brief an die Regierung und das Parlament in Budapest, das Gesetz bedeute eine Abkehr vom Grundsatz der Pressefreiheit. Ungarn sei der EU-Ratspräsidentschaft nicht würdig, sagte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, im Deutschlandradio Kultur. "Die Zeit der Prawda ist vorbei", erklärte der Vorsitzende der Liberalen im Europaparlament, Guy Verhofstadt.

Politisch besetzte Kontrollbehörde
Ungarn, das mit Jahreswechsel turnusmäßig die sechsmonatige Ratspräsidentschaft in der EU übernimmt, steht vor allem wegen massiver Einschränkungen der Pressefreiheit in der Kritik. Künftig soll eine Kontrollbehörde, deren Mitarbeiter der Regierungspartei angehören und nicht an Parlamentsbeschlüsse gebunden sind, die Presse beaufsichtigen. Sollten sie zu der Einschätzung kommen, dass es sich um falsche Berichterstattung handle, drohen hohe Geldstrafen.

Vertragsverletzungsverfahren gefordert
Schulz forderte die EU-Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Bedauerlicherweise seien aber einige andere EU-Länder bei der Überwachung unliebsamer Medien derzeit auf dem gleichen Weg wie Ungarn. Er forderte auch wirtschaftliche Sanktionen.

"Gesetz nicht hinnehmbar"
"Dieses neue Gesetz ist nicht hinnehmbar. Ungarn muss sich erklären und die Kommission muss handeln", meinte der langjährige belgische Regierungschef unter offensichtlichem Bezug auf die Weigerung der EU-Kommission als "Hüterin der EU-Verträge", sich zu dem Mediengesetz zu äußern. "Kein Mitgliedsstaat darf im Namen einer nicht näher definierten nationalen Sicherheit die Freiheiten einschränken, die den Kern unserer Werte in der EU darstellen."

Gesetz ermöglicht Unterdrückung der Medien
Das Gesetz könne, falls missbräuchlich verwendet, zur Unterdrückung von Medien führen sowie die Grundprinzipien der Medienfreiheit und unabhängigen Berichterstattung verletzen, was nicht nur Ungarn, sondern auch die europäische Gemeinschaft beunruhige, erklärte EANA-Präsident Mika Pettersson, Geschäftsführer und Chefredakteur der finnischen Nachrichtenagentur STT-Lehtikuva.

Westerwelle telefoniert mit ungarischem Kollegen
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle habe mit seinem ungarischen Kollegen Janos Martonyi telefoniert, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Berlin. Dabei sei in freundschaftlicher Atmosphäre über Möglichkeiten einer Änderung der Mediengesetzgebung gesprochen worden.

Tschechien: Gesetz mit EU-Prinzipien "unvereinbar"
Das neue ungarische Mediengesetz ist nach Ansicht des tschechischen Außenministers Karel Schwarzenberg mit den demokratischen Prinzipien der EU "unvereinbar". "So wie dieses Gesetz konzipiert ist, ist es wirklich gefährlich", sagte Schwarzenberg am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Das kann zu einer völligen Knebelung der Medien führen, wenn man die Paragrafen entsprechend interpretiert."

Die Europäische Union müsse gleich zu Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft am 1. Jänner ihre Haltung zu dem Kontrollgesetz für die Presse deutlich machen. "Es sollte bei der nächsten Möglichkeit im europäischen Rahmen festgestellt werden, dass dieses Gesetz den Prinzipien der Europäischen Union widerspricht", sagte der tschechische Außenminister. "Das muss gleich am Anfang so gesagt werden, mit aller Klarheit." Er fügte hinzu: "Wir haben ja die Ungarn gerne, aber damit haben sie wirklich gleich am Anfang ihren Ruf verspielt."

"Kein Krieg gegen ungarische Presse"
Der Fraktionschef der Regierungspartei FIDESZ, Janos Lazar, sagte im ungarischen Privatfernsehen, die Regierung sei zu Änderungen bereit, sollte sich die Anwendung des Gesetzes als problematisch erweisen.

Falls die neue Medienaufsicht das Gesetz missbrauche oder es wegen Einwänden zu Problemen komme, werde das Parlament das Gesetz zweifellos überarbeiten. "Es ist nicht unser Ziel, einen Krieg gegen die ungarische Presse zu führen", sagte Lazar. Vielmehr wolle die Regierung durch eine stärkere Regulierung die Medien in Ungarn verbessern.

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