No-Deal-Brexit unter Johnson?

May-Nachfolge: Boris Johnson voraussichtlich neuer Premier

23.07.2019

Der Sieger im Rennen um die Nachfolge von Premierministerin May scheint ausgemacht.

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London. Yeti statt Maybot: Der umstrittene Tory-Politiker Boris Johnson wird nach jüngsten Umfragen der neue Premierminister Großbritanniens. Johnson gilt schon lange als haushoher Favorit für die Nachfolge von Theresa May. Seinem Konkurrenten, Außenminister Jeremy Hunt, werden nur geringe Chancen eingeräumt. Die Konservative Partei wird den Namen des neuen Tory-und Regierungschefs zu Mittag verkünden.
 
Johnson ist ein Exzentriker, der es mit der Wahrheit oft nicht so genau nimmt. Seine Statur und die lange Zeit wilde Frisur sollen zu seinem Spitznamen "Yeti" in Schulzeiten beigetragen haben. Ganz anders dagegen die ungelenke und wenig spontane May, die in ihrer Amtszeit unter anderem als "Maybot" verspottet wurde - in Anspielung auf roboterhaftes Auftreten. Auch politisch könnten die beiden Konservativen kaum unterschiedlicher sein.
 

Johnsons Brexit-Kurs

 
Wird Johnsons Wahl bestätigt, hätte das großen Einfluss auf den EU-Austritt und es dürfte auch das Verhältnis zu den USA stark prägen. Der Brexit-Hardliner will Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union herausführen - notfalls auch ohne Abkommen. Ein solcher No Deal würde vermutlich vor allem für die Wirtschaft unangenehme Konsequenzen haben, da es zu einer Wiedereinführung von Zöllen kommen könnte. May war mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Abkommen drei Mal im Parlament krachend durchgefallen.
 
In Brüssel übt man sich zumindest nach außen hin in Gelassenheit. "Wir werden jeden Premierminister respektieren und zu ihm Arbeitsbeziehungen aufbauen", hieß es zuletzt immer wieder aus der für die Brexit-Verhandlungen zuständigen EU-Kommission. Dazu wird betont, dass man das mit May ausgehandelte Austrittsabkommen nicht mehr ändern werde und lediglich noch Modifikationen an der begleitenden politischen Erklärung möglich seien.
 
Auf den No-Deal-Fall hat sich die EU in den vergangenen Monaten intensiv vorbereitet. Wenn es nicht anders geht, sind wir bereit, lautet das Motto. So könnten besonders betroffene Wirtschaftszweige und Regionen im Ernstfall finanzielle Unterstützung erhalten.
 
Die Spekulationen, wie es mit dem Brexit weitergehen könnte, werden hinter verschlossenen Türen geführt. Zum einen gibt es dabei diejenigen, die den früheren EU-Korrespondenten des "Daily Telegraph" fürchten, weil sie es für wahrscheinlich halten, dass er sein Land ohne Deal aus der EU führen wird. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die hoffen, dass die Amtszeit Johnsons ein weiterer Schritt in Richtung eines britischen Verbleibs in der EU sein könnte. Denn sollte Johnson mangels Mehrheit im Parlament eine politische Bruchlandung hinlegen, blieben am Ende dann nur Neuwahlen und womöglich ein neues Referendum, das den Brexit-Entscheid wieder rückgängig macht.
 
In Brüssel wird jedenfalls jetzt schon damit gerechnet, dass es Ende Oktober noch einmal einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs gibt, um zu besprechen, ob eine erneute Verschiebung des Austrittsdatums möglich ist. Bis dahin dürfte ein Premier Johnson versuchen, die EU doch noch zu einer Neuverhandlung des Deals zu bewegen.
 
Wenn Boris Johnson in etwas mehr als drei Monaten noch im Amt sein sollte, dann dürfte er mit Ursula von der Leyen über die Beziehungen zwischen der EU und seinem Heimatland verhandeln. Die Deutsche hatte sich in der vergangenen Woche wohlweislich gehütet, auf die Frage zu antworten, ob sie als künftige EU-Kommissionspräsidentin Hunt oder Johnson als Gesprächspartner bevorzuge. "Ich werde sehr konstruktiv mit jedem Staats- und Regierungschef zusammenarbeiten", sagte von der Leyen nur. Dies sei für sie eine "goldene Regel".
 

Bessere US-Verhältnisse durch Johnson als Premier

 
Vielleicht könnte der Wechsel in der Downing Street zumindest dem Verhältnis mit den USA neuen Auftrieb geben. Zuletzt verursachten unter anderem geleakte Botschaftermemos Verstimmung zwischen Washington und London. Die wirtschaftlichen Interessen auf beiden Seiten sind groß. US-Präsident Donald Trump hat klargemacht, dass Johnson seinen Segen hat. "Ich denke, wir werden eine großartige Beziehung haben", sagte er am vergangenen Freitag vor Journalisten. May kritisierte der Republikaner dabei erneut scharf. Sie habe einen "sehr schlechten Job" beim Brexit gemacht, es sei eine Katastrophe. "Ich denke, Boris wird das geraderücken", fügte Trump hinzu.
 
Doch die beginnende Freundschaft zeigt schon jetzt ihre Grenzen, wie der gefährliche Konflikt mit dem Iran zeigt. Teheran hat einen unter britischer Flagge fahrenden Öltanker in der Straße von Hormuz festgesetzt. Großbritannien spricht von "staatlicher Piraterie". Die Meerenge ist wirtschaftlich und militärisch von großer Bedeutung. London beklagt zu wenig eigene Kriegsschiffe in der Region und schielt nach Hilfe von dem mächtigen Verbündeten USA.
 
Doch US-Außenminister Mike Pompeo machte am Montag deutlich, dass er nicht primär die Vereinigten Staaten in der Pflicht sieht, das Problem zu lösen. Das sei in erster Linie die Sache Großbritanniens.
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