Umfrage
Mehrheit der Polen ist gegen US-Raketenschild
08.07.2008
Die meisten Polen sind gegen die Errichtung von Teilen des geplanten US-Raketenabwehrsystems in ihrem Land.
53 Prozent lehnen dies ab, 28 Prozent von ihnen sind sogar entschiedene Gegner der Idee, ergab eine Umfrage von GfK Polonia im Auftrag der Zeitung "Rzeczpospolita" (Dienstag-Ausgabe). Damit hat sich die Haltung der Polen in den vergangenen Monaten kaum geändert.
Gegenangebote nicht ausreichend
70 Prozent geben
Ministerpräsident Donald Tusk Recht darin, dass die Gegenangebote der USA
für die geplante Stationierung von zehn Abfangraketen bisher nicht
ausreichend waren. Der Soziologe Jaroslaw Flis von der
Jagiellonen-Universität in Krakau (Krakow) sieht dafür zwei Gründe: Zum
einen übertrügen sich die hohen Sympathiewerte für Donald Tusk auch auf
dessen Position zum US-Raketenschild. Präsident Lech Kaczynski, ein
entschiedener Befürworter des Raketenschildes, habe dagegen "ein negatives
Image bei den Wählern". Zum anderen habe die polnische Beteiligung am
Irak-Einsatz den "Vertrauensvorschuss" vieler Polen gegenüber den USA
aufgebraucht, so Flis.
Widersprüchliche Signale zum Stand der Verhandlungen
"Wir
sind auf der Zielgeraden", erklärte Verteidigungsminister Bogdan Klich von
Tusks rechtsliberaler Bürgerplattform (PO) am Dienstag gegenüber der
Nachrichtenagentur PAP. US-Außenministerin Condoleezza Rice sprach von einem
"konstruktiven Gespräch", das sie am Montag mit ihrem polnischen
Amtskollegen Radoslaw Sikorski in Washington gehabt habe. Weiterhin
skeptisch äußerte sich jedoch der PO-Fraktionsvorsitzende Zbigniew
Chlebowski. "Man muss klar feststellen, dass dieses Raketenschild
ausschließlich den Vereinigten Staaten dient", die polnische Sicherheit
jedoch beeinträchtige, so Chlebowski am Dienstag in einem Radiointerview.
Polen und die USA verhandeln seit Mai 2007 über das Projekt. Die USA möchten in Polen die Raketenbasis für das System errichten, das Raketen aus dem Nahen Osten, dem Iran und Nordafrika abfangen soll. Die polnische Regierung fordert im Gegenzug "reale Sicherheitsgarantien" von den USA, wie Regierungschef Tusk am Freitag wiederholte. Die Radaranlage für das Raketenschild soll in Tschechien entstehen. Die Unterzeichnung eines entsprechenden Abkommens zwischen der tschechischen und der US-Regierung ist für den heutigen Dienstag in Prag bei einem Besuch von Rice geplant.