Nach Ausrufung des Notstands kommen weiterhin Migranten auf Lampedusa an. 33 Menschen erreichten Montagfrüh die süditalienische Mittelmeerinsel an Bord eines Bootes. Vergangene Woche kamen 11.000 Migranten an.
Vor dem Hintergrund der Migrationswelle Richtung Lampedusa ergreift der italienische Ministerrat in Rom weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung.
33 Migranten kamen Montagfrüh auf einem Boot auf Lampedusa an. Am Sonntag erreichten 271 Migranten an Bord von sieben Booten auf Lampedusa. Die Behörden meldeten, dass weitere Boote mit hunderten Menschen an Bord in Richtung der Insel unterwegs seien. Im Hotspot Lampedusas befinden sich derzeit 1.104 Personen, teilten die Behörden mit. 11.000 Personen erreichten vergangene Woche die 20 Quadratkilometer große Insel, auf der 6.300 Personen leben.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kündigte bei einem Besuch auf Lampedusa in Begleitung von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Sonntag an, dass man die Inhaftierung von irregulär in Italien eingewanderten Personen zu Rückführungszwecken auf die nach den europäischen Vorschriften höchstmögliche Dauer ausweiten werde: 18 Monate. Die Regierung will außerdem dem Verteidigungsministerium das Mandat erteilen, Zentren für die Abschiebung von Migranten einzurichten.
"Ich war schon immer der Meinung, dass bei der Behandlung der ankommenden Migranten zwischen alleinstehenden Männern im arbeitsfähigen Alter, Müttern und Kindern unter 14 Jahren unterschieden werden sollte. Dies ist auch Gegenstand der Maßnahmen, die wir morgen im Ministerrat ergreifen werden", erklärte Meloni bei einer Pressekonferenz mit von der Leyen.
Frauen und Minderjährige unter 14 Jahren seien von der Schubhaft-Verlängerung ausgenommen. Von der Leyen stellte ihrerseits einen allgemein europäischen Notfallplan zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vor. Mithilfe eines Zehn-Punkte-Programms sollen Asylsuchende besser auf die europäischen Länder verteilt und weitere Massenankünfte von Migranten verhindert werden.
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Meloni und von der Leyen handeln unter dem Druck der Einwohner Lampedusas. Erstmals gab es auf der Insel zwischen Sizilien und Tunesien Bürgerproteste. Dutzende Anrainer blockierten den Konvoi mit den Politikerinnen auf dem Weg vom Flughafen zur Flüchtlingseinrichtung der Insel. Dabei kam es zu spannungsgeladenen Momenten. Die Demonstranten verlangten, mit Meloni zu sprechen. Die Regierungschefin stieg aus dem Auto aus und versprach, dass sie alles Erdenkliche unternehmen werde, um die von der Migrationswelle schwer belastete Insel zu unterstützen. Daraufhin entschlossen sich die Demonstranten, die Straße zu räumen.
Bürger: "Lampedusa gehört uns und nicht der EU"
Am Samstag war es zu Protesten wegen angeblicher Pläne zur Errichtung eines Zeltlagers für Migranten auf Lampedusa gekommen, da der Hotspot der Insel überfüllt ist. "Schluss, Lampedusa gehört uns und nicht der EU", skandierten einige Demonstranten. Sie zogen sich zurück, als der Polizeichef der sizilianischen Stadt Agrigent, Emanuele Ricifari, einem der Demonstranten versicherte, dass die Zelte lediglich der Unterbringung von Personal des Roten Kreuzes diene und kein Zeltlager für Migranten geplant sei. 6.300 Bürger leben auf der nur 20 Quadratkilometer großen Insel. Sie ist damit kleiner als der Wiener Bezirk Döbling, der knapp 25 Quadratkilometer groß ist und in dem rund 74.000 Einwohner leben.
Rom investiert 45 Millionen Euro in Insel-Infrastruktur
Meloni und von der Leyen würdigten bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz die Anstrengungen der Bürger Lampedusas zur Versorgung der Migranten. Meloni erklärte, die Regierung in Rom habe 45 Millionen Euro für die Aufstockung von Infrastrukturen auf der Insel locker gemacht. Die Regierung wolle den Bewohnern der Insel unter die Arme greifen.
Kanzler Nehammer denkt außerordentliche Kontrollen zur Italien-Grenze an
Am Wochenende hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) aufgrund der Situation in Lampedusa außerordentliche Kontrollen an den Grenzen zum Schengen-Partner Italien erwogen bzw. in Aussicht gestellt. Der Tiroler Landespolizeidirektor Helmut Tomac erklärte zur gegenwärtigen Situation gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" (Montag): "Wir schauen uns die Situation stets sehr genau an. Gerade angesichts der Situation auf Lampedusa. Wir stellen aber fest, dass die aktuelle Route nicht über den Brenner führt." Die Aufgriffe von irregulär eingereisten Menschen in Tirol seien zwar "marginal" gestiegen, "aber nicht bemerkenswert". Viele Migranten würden entweder in Italien bleiben oder weiter nach Frankreich und Spanien ziehen.
Frankreichs Innenminister trifft Montagnachmittag in Rom ein
Der französische Innenminister Gerald Darmanin kündigte indes seinen Besuch in Rom an. Am Montagnachmittag soll er seinen italienischen Amtskollegen Matteo Piantedosi treffen. "Auf Wunsch von Präsidenten Emmanuel Macron erde ich nach Rom reisen. Wir wollen Italien beim Schutz seiner Außengrenzen unterstützen", sagte Darmanin laut italienischen Medienangaben. Darmanin hatte vergangene Woche eine Verstärkung der Polizei entlang der französisch-italienischen Grenze angekündigt, um die illegale Einreisen einzudämmen.