Schon 50 Staaten haben nun den Kosovo anerkannt, die Anerkennung durch Montenegro ist für Serbien besonders bitter.
Montenegro und Mazedonien haben am Donnerstagabend den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt und damit dem Kampf Serbiens um das nach wie vor von ihm beanspruchte Gebiet einen massiven Schlag versetzt. Vor allem der Schritt Montenegros, das noch bis 2006 einen Staatenbund mit Serbien gebildet hatte, wurde in Belgrad mit Verbitterung aufgenommen.
Botschafter ausgewiesen
Die serbische Regierung verkündete
umgehend die Ausweisung der Botschafter Mazedoniens und Montenegros,
verzichtete aber auf die bisher immer praktizierte Abberufung der eigenen
Botschafter aus Staaten, die diplomatische Beziehungen mit dem Kosovo
eingehen. Noch vor der erwarteten Entscheidung Podgoricas und Skopjes hatte
die Regierung am Donnerstag nämlich beschlossen, ihre wegen der
Kosovo-Anerkennung abberufenen Botschafter wieder zurückzuschicken.
Serbische Oppositionspolitiker forderten indes eine Sondersitzung des
Parlaments sowie energische Strafmaßnahmen gegen die beiden Nachbarstaaten,
etwa ein Flugverbot für die montenegrinische Luftfahrtgesellschaft
Montenegroairlines.
Unabhängigkeit 50 mal anerkannt
Mit Montenegro und
Mazedonien haben 50 der 192 UNO-Mitglieder die im Februar einseitig
ausgerufene Unabhängigkeit der großteils von Albanern bewohnten Region
gutgeheißen. Am Mittwoch hatte Serbien in der UNO-Generalversammlung einen
Achtungserfolg erzielt, indem es seinen Antrag auf Einholung eines
Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur Vereinbarkeit der
Kosovo-Unabhängigkeit mit dem Völkerrecht durchbrachte. Belgrad sieht durch
die Abtrennung des Kosovo seine territoriale Integrität verletzt, während
sich die Kosovo-Albaner auf das ebenfalls in der UNO-Charta verankerte
Selbstbestimmungsrecht der Völker berufen.
Enttäuschter Tadic
Tadic konnte seine Enttäuschung über den
Schritt Mazedoniens und Montenegros, den er als "falsch und im Widerspruch
zum Völkerrecht" bezeichnete, nicht verbergen. Nach dem UNO-Beschluss für
ein Rechtsgutachten zur Kosovo-Unabhängigkeit "gab es keinen guten Grund
dafür, dass die Nachbarstaaten, die bisher Zurückhaltung an den Tag gelegt
haben, plötzlich entscheiden, den sogenannten unabhängigen Kosovo
anzuerkennen", kritisierte der Präsident. Offenbar sei die Entscheidung
"unter großem politischem Druck" gefallen. Der russische Botschafter in
Belgrad, Aleksander Konusin, warf den EU-Staaten vor, Montenegro und
Mazedonien "erpresst" zu haben, indem sie den beiden beitrittswilligen
Staaten "Probleme bei den europäischen Integrationsverhandlungen" angedroht
hätten.
Augen nicht verschließen
Dagegen hatte der montenegrinische
Außenminister Milan Rocen am Donnerstagabend gesagt, die Unabhängigkeit des
Kosovo sei "eine Realität", und es habe "keinen Sinn, die Augen davor zu
verschließen". Proserbische Politiker in Podgorica warfen Ministerpräsident
Milo Djukanovic jedoch in Anspielung auf die gegen ihn immer wieder
auftauchenden Zigarettenschmuggel-Vorwürfe vor, er habe sich erpressen
lassen. "Es bleibt abzuwarten, ob es sich um den Druck von Lobbyisten oder
um irgendwelche andere Schulden aus der Vergangenheit, gewisse Hypotheken
des Premiers Djukanovic, an denen es nicht fehlt, handelt, die nun genutzt
wurden, damit er (Djukanovic) gegen den Willen des montenegrinischen Volkes,
gegen die Standpunkte seiner engsten Mitarbeiter eine solche
Hasardspiel-Entscheidung trifft", meinte der Chef der Partei für
Veränderungen (PZP), Nebojsa Medojevic.
USA zufrieden
Das US-Außenministerium begrüßte die Entscheidung
von Montenegro und Mazedonien. "Diese Anerkennung trägt dazu bei, die
regionale Kooperation zum Nutzen aller in Südosteuropa zu vertiefen und die
Region hin zu einer größeren Integration in die euro-atlantischen
Institutionen (EU und NATO, Anm.) zu bewegen", teilte das State Department
am Freitag mit.
Kosovarische Printmedien kommentierten, dass die Entscheidung der beiden Nachbarstaaten "Serbien in Wut versetzt" habe. "Express" betitelte die Titelseite mit "Danke Montenegro". "Slobodan Milosevic hat einst erklärt, dass Serbien und Montenegro zwei Augen am Kopf seien. Seit gestern ist Serbien ohne ein Auge", so das Blatt. Von den Nachbarstaaten Serbiens hat lediglich Bosnien-Herzegowina den Kosovo noch nicht als unabhängigen Staat anerkannt.