Raketenstreit
Moskau wirft Washington Wortbruch vor
08.04.2008
Russland wirft den USA Wortbruch im Streit um das Raketenprojekt der US-Regierung in Europa vor.
Im Streit um die US-Raketenabwehrpläne in Mitteleuropa hat Russland den USA Wortbruch vorgeworfen und erneut mit einer militärischen Antwort gedroht. Washington habe Moskau entgegen mündlicher Vereinbarungen in einem Schreiben keinen dauerhaften Zutritt russischer Offiziere auf den geplanten Abwehranlagen in Tschechien und Polen in Aussicht gestellt. Das sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in einem Interview mit dem Radiosender Echo Moskwy. Es sei notwendig, dass das russische Militär das Radar andauernd überwachen dürfe, zitierte der Radiosender Lawrow. Russland werde mit "militärischen Maßnahmen" reagieren, sollten die USA ihre Pläne umsetzen.
Präsidenten hielten Einigung für möglich
Kremlchef
Wladimir Putin und US-Präsident George W. Bush hatten noch am Sonntag bei
ihrem Abschiedstreffen im Amt in Sotschi eine Lösung in dem Streit für
möglich gehalten. "Unsere Hauptforderung ist die ständige Anwesenheit
unserer Offiziere und der notwendigen Geräte für die technische Überwachung
der Anlagen", sagte Lawrow dem Sender. Zuletzt hatten die USA, Polen und
Tschechien gelegentliche Inspektionen in Aussicht gestellt. "Nun ist die
Rede davon, dass unsere Offiziere nur zu den russischen Botschaften in
Tschechien und Polen abkommandiert werden und von dort aus arbeiten", sagte
Lawrow.
Russland will umfangreiche Überwachungsmöglichkeiten
Der
Minister sprach erstmals öffentlich über den konkreten Inhalt der jüngsten
US-Vorschläge. "Für uns ist wichtig, dass wir zu jeder Sekunde sehen können,
wohin das Radar (in Tschechien) ausgerichtet ist und was auf dem
US-Stützpunkt in Polen vor sich geht", betonte Lawrow. Kurz zuvor hatten
Lawrows Stellvertreter Sergej Kisljak und Polens Vize-Außenminister Witold
Waszczykowski vergeblich um eine Annäherung in der Frage gerungen.
"Weiter Weg" bis zu einer Einigung
"Die Verhandlungen
waren sehr ernst und haben gezeigt, dass es bis zu einer Einigung noch ein
weiter Weg ist", betonte Kisljak. Waszczykowski sagte, das Polen die
Anwesenheit russischer Soldaten "wohl kaum" erlauben werde. Russland fühlt
sich durch die in Polen geplanten zehn Abwehrraketen und durch ein in
Tschechien vorgesehenes Radar in seiner Sicherheit bedroht. Putin hatte
bereits im vergangenen Jahr damit gedroht, dass Russland im Gegenzug Ziele
in Europa ins Visier nehmen könne. Die USA dagegen begründen ihre Pläne mit
der wachsenden Gefahr durch Staaten wie den Iran oder Nordkorea.