Pakistans Präsident Musharraf will offenbar einem Amtsenthebungsverfahren zuvorkommen. Deswegen schloss er ein Abkommen mit der Koalition.
Nach neun Jahren an der Macht will der pakistanische Präsident Pervez Musharraf nach Angaben aus Kreisen der Regierungskoalition zurücktreten und damit seiner Amtsenthebung zuvorkommen. "Er ist zum Rücktritt bereit, verlangt aber Straffreiheit für die Verhängung des Ausnahmezustandes", sagte ein Vertreter der Koalitionsregierung am Freitag und bestätigte damit Pressberichte. Die Verhandlungen über einen Amtsverzicht des umstrittenen Staatschefs dauerten an. "Noch ist nichts endgültig entschieden. Mal sehen, was passiert." Der frühere Armeechef hatte sich 1999 an die Macht geputscht.
Dementi
Musharrafs Sprecher Rashid Qureshi dementierte erneut,
dass der Präsident zum Rücktritt bereit sei. "Ich bin es müde zu sagen, dass
da nichts dran ist", sagte der frühere General. Dagegen bestätigte der
Musharraf nahestehende Ex-Minister Tariq Azeem Khan, dass Gespräche über den
Rücktritt des Präsidenten im Gange seien. Die von der Musharraf-kritischen
Pakistanischen Volkspartei (PPP) der ermordeten früheren Ministerpräsidentin
Benazir Bhutto angeführte Regierungskoalition hatte sich in der vorigen
Woche auf ein Amtsenthebungsverfahren geeinigt.
"Die nächsten 48 Stunden sind entscheidend", sagte ein anderer Koalitionsvertreter über den weiteren Gang der Dinge. "Wenn er nicht zurücktritt, werden wir das Amtsenthebungsverfahren am Montag in Gang setzen." In der Koalition ist die Frage der Straffreiheit für Musharraf umstritten. Es soll voraussichtlich kommende Woche beginnen.
Vertrauensfrage
Zuvor hatten bereits drei von vier pakistanischen
Provinzparlamenten eine Resolution verabschiedet, nach der Musharraf im
Unter- und Oberhaus in Islamabad sowie in den Provinzparlamenten die
Vertrauensfrage stellen soll. Ansonsten solle im nationalen Parlament ein
Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden.
Musharraf hatte am 3. November den Ausnahmezustand über das atomar bewaffnete Land verhängt und seine Entscheidung mit der zunehmenden Gewalt begründet. Er hob den Notstand nach sechs Wochen wieder auf. Seine Kritiker warfen Musharraf jedoch vor, er habe mit dem Schritt verhindern wollen, dass das Oberste Gericht seine Wiederwahl für ungültig erklärt, weil er seinerzeit zugleich das Amt des Armeechefs bekleidete.
In der Innenpolitik isoliert
Innenpolitisch ist Musharraf
isoliert, seit seine Anhänger im Februar die Parlamentswahl verloren. Die
Krise um den Staatschef hat vor allem in den USA Sorgen um die Stabilität in
dem südasiatischen Land ausgelöst, das einer der Hauptverbündeten im
US-geführten Kampf gegen den Terrorismus ist. US-Präsidialamtssprecherin
Dana Perino reagierte zurückhaltend auf die Berichte über einen
bevorstehenden Rücktritt Musharrafs. Die USA verfolgten die Entwicklung
aufmerksam; es handle sich um eine innere Angelegenheit Pakistans.
Musharraf hatte sich unblutig an die Macht geputscht. Unter internationalem Druck war Musharraf Ende vergangenen Jahres als Armeechef zurückgetreten. Bereits im Oktober hatte er sich aber noch vom alten Parlament für weitere fünf Jahre im Amt des Präsidenten bestätigen lassen. Bei den Parlamentswahlen im Februar wurde die Musharraf unterstützende Pakistanische Muslim-Liga (Quaid) (PML-Q) vernichtend geschlagen. Musharraf hat besonders seit vergangenem Jahr dramatisch an Beliebtheit eingebüßt.