NATO-Generalsekretär
NATO-Gipfel einigte sich auf Rasmussen
04.04.2009
Der dänische Regierungschef Anders Fogh Rasmussen wird neuer NATO-Generalsekretär.
Überraschende Wendung beim NATO-Jubiläumsgipfel: Nach zweitägigem Streit einigten sich die Staats- und Regierungschefs am Samstag in Straßburg auf den dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen als neuen Generalsekretär. Die Türkei lenkte schließlich ein. 60 Jahre nach Gründung des Bündnisses brachte die NATO zudem eine neue Strategie auf den Weg und sagte mehr Truppen für Afghanistan zu.
Erfolg für Merkel
Die Berufung Rasmussens zum 12.
Generalsekretär seit der NATO-Gründung 1949 ist ein Erfolg auch für
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Kanzlerin hatte als
Gastgeberin des Gipfels in Baden-Baden und Straßburg auf eine Entscheidung
zu Gunsten des Dänen gedrungen. "Zum Schluss hat doch die Kraft gesiegt,
Einigkeit zu zeigen", sagte die sichtlich erleichterte Merkel.
Auch der französische Präsident und Ko-Gastgeber Nicolas Sarkozy sowie der amtierende Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gratulierten dem Dänen. Der Niederländer De Hoop Scheffer scheidet zum 31. Juli aus dem Amt. "Die Zeit internationaler Gipfel, auf denen geredet und nichts entschieden wird, ist zu Ende", sagte Sarkozy auch zu dem Weltfinanztreffen in London.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte in Istanbul, US-Präsident Barack Obama habe sich persönlich für die Lösung der türkischen Probleme verbürgt. Obama wird am Montag in der Türkei erwartet. Auf Kritik der Türkei stieß, dass Rasmussen den Abdruck von Karikaturen des Propheten Mohammed in einer dänischen Zeitung vor vier Jahren im Namen der Meinungsfreiheit verteidigt hatte. Zudem verlangt Ankara die Schließung des kurdischen TV-Senders Roj TV mit Sitz in Kopenhagen.
Nach Angaben aus der deutschen Delegation war die Türkei bei den Verhandlungen isoliert: 27 der 28 NATO-Staaten hätten Rasmussen unterstützt, hieß es.
Allianz stockt Truppen für Afghanistan erneut auf
Zweites
großes Gipfelthema war Afghanistan. Nach US-Angaben sagten die Verbündeten
bis zu 5000 Soldaten zusätzlich für den Einsatz am Hindukusch zu. Darunter
sind auch die bereits angekündigten 600 Bundeswehrsoldaten, die zur
Absicherung der Wahlen im August zusätzlich entsandt werden. Dazu kommen 900
britische, rund 650 italienische und 450 spanische Soldaten. Auch die
Ausbildung der afghanischen Polizei und Armee will die NATO verstärken.
Obama lobte die Gastgeberländer Deutschland und Frankreich bei seinem NATO-Antrittsbesuch ausdrücklich für die "Ernsthaftigkeit" ihres Engagements. Der US-Präsident hatte zuvor ein größeres Engagement von den Bündnispartnern gefordert und dabei auf die Bedrohung Europas durch Terroristen verwiesen. Die USA will 17.000 Mann zusätzlich nach Afghanistan entsenden.
Merkel nannte den bisher größten Einsatz mit mehr als 60.000 Soldaten die "Bewährungsprobe" für die NATO. Sie begrüßte den Vorschlag Obamas, in regelmäßigen Zeitabständen die Erfolge am Hindukusch zu kontrollieren. "Es nützt nichts, wenn wir uns in die Tasche lügen oder an dieser Stelle die Augen verschließen", sagte Merkel. Deutschland ist mit rund 3700 Soldaten drittgrößter Truppensteller.
Die Staats- und Regierungschefs gaben zudem ein neues strategisches Konzept in Auftrag, das die Allianz beim nächsten Gipfel 2010 in Lissabon annehmen will. Zentrale Punkte sollen neue Herausforderungen wie die Piraterie oder Cyberattacken im Internet sein.
Die Staats- und Regierungschefs begrüßten die Rückkehr Frankreichs in die militärischen Strukturen der NATO. Merkel nannte den Schritt "gut für das transatlantische Bündnis". Frankreich hatte sich 1966 nach dem Aufstieg zur Atommacht aus der militärischen Kommandostruktur der Allianz zurückgezogen. An dem Gipfel nahmen auch erstmals die Neumitglieder Albanien und Kroatien teil. Mit ihnen zählt die NATO nun 28 Mitglieder.
Überschattet wurde der Gipfel von gewaltsamen Protesten. In Straßburg setzten NATO-Gegner mehrere Gebäude in Brand, unter anderem ein Hotel. Auf beiden Seiten des Rheins gab es rund 40 Festnahmen, nach inoffiziellen Angaben wurden mindestens 20 Menschen verletzt.