Gipfel in Lissabon: Afghanistan-Abzug eingeleitet, Russland an Bord geholt.
Der NATO-Gipfel in Lissabon hat am Samstag die Abzugsstrategie des Bündnisses für Afghanistan beschlossen. Nach Angaben einer Sprecherin einigten sich die NATO-Mitglieder darauf, bis 2014 die Kampftruppen aus dem Land am Hindukusch abzuziehen. Im kommenden Jahr soll mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung begonnen werden. Die Vereinbarung unterzeichneten NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und der afghanische Präsident Hamid Karzai. Rasmussen sagte, dass die Allianz Afghanistan auch über 2014 hinaus helfend zur Seite stehen werde.
Die NATO-Staaten haben bei ihrem Gipfel in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon am Freitag auch eine neue Bündnisstrategie für das kommende Jahrzehnt beschlossen. Im Folgenden ein Überblick über zentrale Punkte:
Krieg gegen den Terror
Die NATO reagiert mit der Strategie auf "neuartige Bedrohungen" wie Angriffe von Terroristen, Hacker-Attacken aus dem Internet oder Mittelstreckenraketen. Das Konzept hebt auch die Bedeutung sicherer Handelsrouten hervor und spielt damit auf die Piratenüberfälle am Horn von Afrika an.
Kollektive Verteidigung
Grundprinzip bleibt die "kollektive Verteidigung" nach Artikel fünf des Nordatlantik-Vertrags von 1949. Ein bewaffneter Angriff auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten ist danach ein Angriff auf alle. Diesen Bündnisfall hat die NATO nur einmal nach den Terrorangriffen auf die USA vom 11. September 2001 ausgerufen. Die Wahrscheinlichkeit eines konventionellen Angriffs auf einen NATO-Staat schätzt das Bündnis in ihrer Strategie aber als "gering" ein.
Atomare Abrüstung
Auf deutsches Drängen verankerte die NATO erstmals das Ziel der atomaren Abrüstung in ihrer Strategie. Dazu heißt es: "Wir sind entschlossen, eine sicherere Welt für alle anzustreben und die Bedingungen für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen." Die Zahl der in Europa stationierten Atomwaffen soll weiter verringert werden.
Festhalten am "Prinzip der Abschreckung"
Atommächte wie Frankreich und die USA setzten durch, dass das Prinzip der Abschreckung ein zentrales Element der Strategie bleibt: "Solange Atomwaffen existieren, wird die NATO eine nukleare Allianz bleiben", heißt es in dem Text.
Neue Raketenabwehr
Ein neuer NATO-Raketenschirm soll weite Teile Europas schützen. Dazu heißt es: "Wir entwickeln unsere Fähigkeit, unsere Bevölkerung und unser Territorium gegen einen Angriff mit ballistischen Raketen zu schützen." Der Iran wird auf Druck der Türkei nicht ausdrücklich als Bedrohung genannt.
Annäherung an Russland
Die Allianz betont, die NATO stelle "keinerlei Bedrohung für Russland dar". Die Zusammenarbeit mit Moskau sei vielmehr von "strategischer Bedeutung". Kooperieren will das Bündnis beim Raketenschirm: "Wir suchen aktiv eine Zusammenarbeit mit Russland und anderen euro-atlantischen Partnern im Bereich der Raketenabwehr", heißt es in dem Text. Bei der von Moskau kritisch gesehenen Osterweiterung behält sich die NATO weitere Neuaufnahmen vor: Die "Tür zur Mitgliedschaft" stehe "allen europäischen Demokratien" weiter offen.
Krisenbewältigung
Bei internationalen Krisen will die Allianz auch künftig eine Rolle spielen, allerdings sollen Lehren aus dem blutigen Einsatz in Afghanistan gezogen werden. "Die NATO wird sich engagieren, wenn es möglich und nötig ist, um eine Krise zu verhindern oder zu bewältigen", heißt es in dem Text. Dabei will das Bündnis vermehrt auf zivile Instrumente setzen und dafür mit den Vereinten Nationen und der Europäischen Union stärker zusammenarbeiten. Auch sollen neue Partnerschaften mit Ländern in anderen Erdteilen geknüpft werden: Die Sicherheit im euro-atlantischen Raum lasse sich am besten "durch ein Netzwerk mit Ländern und Organisationen rund um den Erdball" schützen, heißt es.