Bericht
Neue EU-Länder noch nicht reif für den Euro
05.12.2006
Keiner der von der EU-Kommission und der EZB überprüften EU-Neulinge erfüllt bisher die Bedingungen für einen Beitritt zum Euro-Gebiet. Auch müssen einige den Euro richtig schreiben lernen.
Die Wirtschaft in den osteuropäischen EU-Ländern hat sich noch nicht ausreichend an die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion angepasst. Keiner der von der EU-Kommission und der EZB überprüften EU-Neulinge erfüllt bisher die Bedingungen für einen Beitritt zum Euro-Gebiet. Während in den drei großen Ländern Polen, Ungarn und Tschechien die zu hohe Staatsverschuldung das Haupthindernis ist, haben die kleinen Baltenstaaten mit übermäßiger Inflation zu kämpfen. Die Inseln Zypern und Malta kommen ihrem Ziel der Euro-Einführung derzeit am nächsten.
Europäische Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlichten am Dienstag ihre Konvergenzberichte, mit denen sie alle zwei Jahre die Euro-Reife der EU-Länder untersuchen, die dem Währungsgebiet noch nicht angehören. Großbritannien und Dänemark werden nicht überprüft, weil sie nach einer Ausnahmeregelung nicht zum Beitritt verpflichtet sind. "Auch wenn sich der Weg zum Euro als schwieriger erweist als manche ursprünglich dachten, ist die Belohnung die Mühe wert", erklärte EU-Währungskommissar Joaquin Almunia. Nur die gut vorbereiteten Länder könnten in der Währungsunion wirtschaftlich gut gedeihen.
2007 Einführung in Slowenien
In den Berichten gehen die beiden Institutionen alle Länder nach den Vorgaben zu Inflationsrate, Zinsen, Wechselkurs, Staatsfinanzen und dem rechtlichen Kriterium der politischen Unabhängigkeit der Zentralbank durch. Die Analyse umfasst neun Länder - acht der im Mai 2004 in die EU aufgenommenen ost- und südosteuropäischen Länder sowie Schweden. Slowenien wird als erster EU-Neuling den Euro im kommenden Jahr einführen. Litauen war bereits im Frühjahr zum Konvergenztest angetreten und hatte diesen wegen der zu hohen Teuerungsrate im Referenzmonat knapp verpasst. Die EZB wies erneut darauf hin, dass die wirtschaftliche Anpassung nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht sein, sondern dauerhaft Bestand haben müsse.
"Viele der überprüften Länder haben bei der wirtschaftlichen Konvergenz Fortschritte gemacht, aber in einigen Ländern hat es Rückschläge gegeben", lautete das Fazit der EZB. Der Preisanstieg lag nur in vier der neun Länder unter dem aktuellen Grenzwert von 2,8 Prozent: in Tschechien, Zypern, Polen und Schweden. Am weitesten lagen Estland und die Slowakei mit Raten von gut vier Prozent sowie Lettland mit fast sieben Prozent Inflation über dem Limit. Als Gründe dafür weist die EZB auf das kräftige Wachstum in den Ländern hin, die im wirtschaftlichen Aufholprozess stecken. Auch die hohen Ölpreise sowie Steuer- und Gebührenerhöhungen im Zuge des EU-Beitritts trieben die Preise nach oben. Eine sparsame Haushaltspolitik, mäßige Lohnerhöhungen und Reformen am Arbeitsmarkt sind nach Ansicht der EZB die besten Rezepte gegen Inflation.
Ungarn stark verschuldet
In fünf der neun Länder überschreitet die staatliche Neuverschuldung die Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts - darunter Polen, Ungarn und Tschechien. Drei Länder weisen eine Gesamtverschuldung über 60 Prozent auf. Mit zehn Prozent vom BIP ist das Defizit in Ungarn am höchsten. Nach Einschätzung von Analysten wird das Land frühestens 2014 der Euro-Zone beitreten können, wie eine Umfrage kürzlich ergab.
EZB und Kommission geben keine Prognosen darüber ab, wann sich welches Land für den Euro qualifizieren wird. Doch dem Test zufolge ist Zypern seinem Ziel, 2008 in den Euro-Club aufgenommen zu werden, schon recht nahe. Der Inselstaat erfüllt schon drei Kriterien, die übrigen beiden sind schon in Reichweite. Malta kann erst ein Kriterium abhaken, ist aber bei den anderen Voraussetzungen auf gutem Weg.
Ungarn & Lettland schreiben "Euro" falsch
Die neuen EU-Länder müssen nicht nur strenge wirtschaftliche Auflagen für einen Beitritt zur Währungsunion erfüllen - sie müssen auch den Euro richtig schreiben lernen. In ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht über die Euro-Reife der Kandidaten weist die Europäische Zentralbank (EZB) Ungarn und Lettland auf Fehler in der Rechtschreibung hin. In Lettland heißt der Euro "Eiro", während Ungarn sich herausnimmt, einen Akzent über das "o" zu setzen.
Aus Sicht der EZB ist das inakzeptabel. "Der Euro ist die einheitliche Währung der Mitgliedstaaten, die ihn eingeführt haben. Um diese Einheitlichkeit ersichtlich zu machen, erfordert das Gesetz eine einheitliche Schreibweise des Wortes Euro", heißt es dazu im Bericht. Abweichungen von dieser Regel dürfe es nicht geben. Ungarn und Lettland könnte der Zutritt zum Euro-Gebiet sogar verwehrt bleiben, wenn sie ihre Praktiken nicht ändern.