Nur noch 59 Prozent der Amerikaner stehen hinter ihrem US-Präsidenten.
Ein halbes Jahr nach Einzug ins Weiße Haus ist die Popularität von US-Präsident Barack Obama deutlich gesunken. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschaftskrise und steigender Arbeitslosigkeit fiel die Popularität des ersten schwarzen US-Präsidenten im Juli erstmals unter 60 Prozent. Nach einer Umfrage der "Washington Post" und des TV-Senders ABC stehen nur noch 59 Prozent der Amerikaner hinter Obama, 37 Prozent lehnen seine Politik ab. Beim Amtsantritt am 20. Jänner gaben noch 72 Prozent Obama gute Noten.
Streit um Gesundheitsreform
"Obama steht vor Problemen beim
Konjunkturprogramm und in Sachen Defizit", kommentierte ABC am Montag. Ein
weiterer Grund der Unzufriedenheit sei Obamas geplante Gesundheitsreform,
die auf immer größere Skepsis stoße. Tatsächlich stimmten im Juli lediglich
49 Prozent der Amerikaner Obamas diesbezüglichen Plänen zu, im April waren
es noch 57 Prozent gewesen. Die Rate der Reformgegner stieg von 29 auf 44
Prozent an. Der Umbau des US-Gesundheitssystems gilt als wichtigstes
innenpolitisches Vorhaben Obamas und war sein zentrales Wahlversprechen.
Mehr als drei Viertel der Amerikaner machen sich der Umfrage zufolge Sorgen über wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Jahren. Anlass zur Sorge für Obama sind auch die Umfrageergebnisse in Sachen Finanzen: Fast jeder zweite Befragte lehnt die Ausweitung des Budgetdefizits ab, lediglich 43 Prozent stehen hinter seiner Finanzpolitik. Seit Beginn des Budgetjahres im Oktober hat sich damit ein Fehlbetrag von fast 1,1 Billionen Dollar angehäuft, bis zum Ende des Fiskaljahres dürfte das Defizit auf knapp zwei Billionen Dollar steigen.
Wahlversprechen
Gleichwohl betrachten noch sieben von zehn
Amerikanern Obama als einen starken politischen Führer. 60 Prozent meinen,
er erfülle seine wichtigsten Wahlversprechen. Auch liege Obama in der
Popularität weit vor seien politischen Gegnern im Lager der Republikaner.
Nur 36 Prozent der Amerikaner sind mit der Arbeit der Republikaner zufrieden.
Obama ist jüngst vor allem wegen seiner Gesundheitsreform unter Druck geraten, die auf zehn Jahre verteilt eine Billion Dollar (703 Mrd. Euro) kosten und endlich allen Amerikanern eine Krankenversicherung verschaffen soll. Vor dem Hintergrund eines Budgetdefizits in Rekordhöhe wächst aber nun auch in den eigenen Reihen die Skepsis. Demokratische Senatoren und Abgeordnete drohen, das Reformwerk zu kippen. Dagegen beharrt Obama auf seinen Plänen und rief das Parlament auf, die Reform noch vor der Sommerpause am 7. August zu beschließen.
Arbeitslosigkeit steigt
Politische Beobachter spekulieren, dass
Obama deswegen die eigentlich jetzt fällige Aktualisierung der Budgetzahlen
auf Mitte August verschoben hat. Er befürchtet offenbar, dass der erwartete
Anstieg von Budgetdefizit und Arbeitslosenrate den Widerstand gegen die
Gesundheitsreform noch weiter erhöhen werde. Die Arbeitslosenrate ist trotz
des Anfang des Jahres beschlossenen Konjunkturpakets in Höhe von 787 Mrd.
Dollar auf 9,5 Prozent gestiegen. Die Regierung hatte eine Arbeitslosenrate
von neun Prozent ohne Konjunkturprogramm und von acht Prozent mit
staatlichen Stützungsmaßnahmen prognostiziert.
Hauptziel der Gesundheitsreform ist es, dass alle Amerikaner in den Genuss einer Krankenversicherung kommen - derzeit sind 46 Millionen von 300 Millionen Amerikanern nicht krankenversichert. Außerdem geht es darum, die galoppierenden Kosten einzudämmen: Das US-Gesundheitssystem gilt mit Abstand als weltweit teuerstes. Doch die Qualität lässt zu wünschen übrig: Die Kindersterblichkeit und die Todesrate durch Schlaganfälle etwa liegt über dem Durchschnitt der OECD-Länder.