US-Präsident Barack Obama hat in seiner ersten Rede vor der US-Kongress in Washington eine schonungslose Bilanz der vergangenen Jahre gezogen, den Menschen zugleich aber Hoffnung gemacht.
Im Folgenden die wichtigsten Passagen der Ansprache vom Dienstagabend im Wortlaut auf Basis des im Voraus veröffentlichten Redemanuskripts:
Frau Parlamentspräsidentin, Herr Vizepräsident, Mitglieder des Kongresses und First Lady der Vereinigten Staaten, ich bin heute nicht nur hierhergekommen, um mich an die verehrten Herren und Damen dieser großen Kammer zu wenden, sondern um auch offen und frei zu den Männern und Frauen zu sprechen, die uns gewählt haben. Ich weiß, dass für viele Amerikaner, die uns gerade zusehen, der Zustand unserer Wirtschaft Sorgen bereitet, die alles andere in den Hintergrund treten lassen. (...)
Aber auch wenn unsere Wirtschaft geschwächt ist und unser Zuversicht erschüttert, auch wenn wir alle schwierige und unsichere Zeiten durchleben, will ich, dass alle Amerikaner wissen: Wir werden wieder aufbauen, wir werden uns erholen, und die Vereinigten Staaten von Amerika werden danach stärker als zuvor sein.
Das Gewicht der Krise wird nicht das Schicksal dieser Nation bestimmen. Die Antworten auf unsere Probleme liegen nicht außerhalb unserer Reichweite. Sie liegen in unseren Laboren und Universitäten, auf unseren Feldern und in unseren Fabriken, im Einfallsreichtum unserer Unternehmer und im Stolz der am härtesten arbeitenden Menschen auf dieser Welt. (...)
Wenn wir ehrlich zu uns sind, dann müssen wir eingestehen, das wir unser Verantwortung zu lange nicht nachgekommen sind - als Regierung, aber auch als Volk. (...) Tatsache ist, dass unsere Wirtschaft nicht über Nacht in die Krise geraten ist. All unsere Probleme haben weder begonnen, als der Immobilienmarkt zusammengebrochen ist, noch als es an den Aktienmärkten bergab ging.
Wir haben seit Jahrzehnten gewusst, dass unser Überleben davon abhängt, neue Energiequellen zu finden. Heute importieren wir trotzdem mehr Öl als je zuvor. Die Kosten des Gesundheitswesen verzehren jedes Jahr mehr von unseren Rücklagen und trotzdem verzögern wir eine Reform. Unsere Kinder müssen sich um Jobs in einer weltweiten Wirtschaft bewerben, auf die sie von vielen unserer Schulen nicht vorbereitet werden.
Und obwohl alle dies Herausforderungen nicht gelöst sind, schaffen wir es trotzdem, immer mehr Geld auszugeben und mehr Schulden anzuhäufen als jemals zuvor - sowohl als Einzelpersonen wie auch als Regierung. In anderen Worten: Wir haben in einer Zeit gelebt, in der kurzfristige Profite über langfristigen Wohlstand gestellt wurden, wo wir nicht über die nächste Rate, das nächste Quartal oder die nächste Wahl hinausgeblickt haben. (...)
Jetzt ist der Tag der Abrechnung gekommen und die Zeit, Verantwortung für unsere Zukunft zu übernehmen. Jetzt ist es Zeit, beherzt und weitsichtig zu handeln - nicht nur, um die Wirtschaft wieder zu beleben, sondern für die Schaffung von nachhaltigem Wohlstand. (...)
Darauf ist meine wirtschaftliche Agenda ausgerichtet, und darüber will ich heute sprechen. Die Agenda beginnt mit Arbeitsplätzen (...) Über die kommenden zwei Jahre sieht der Plan vor, 3,5 Millionen Jobs zu erhalten beziehungsweise neu zu schaffen. Mehr als 90 Prozent dieser Arbeitsplätze liegen im privaten Sektor - Jobs für den Bau von Straßen und Brücken, das Errichten von Windrädern und Solarkollektoren, das Verlegen von Breitbandleitungen und den Ausbau des Nahverkehrs. (...)
Der Plan umfasst, dass 95 Prozent der Arbeitnehmerhaushalte in Amerika einen Steuernachlass erhalten (...). Der Plan umfasst, dass Familien mit Problemen beim Bezahlen der Ausbildungskosten einen Steuerkredit in Höhe von 2.500 Dollar für alle vier Jahre des Colleges erhalten. Und Amerikaner, die ihre Arbeit in der Krise verloren haben, werden in der Lage sein, eine erweitere Arbeitslosenunterstützung und fortgesetzte Gesundheitsvorsorge zu erhalten, um diesem Sturm zu trotzen. (...)
"Wir haben ein Hausprogramm auf den Weg gebracht, das verantwortungsvollen Familien, denen die Zwangsvollstreckung droht, hilft, ihre monatlichen Zahlungen zu drücken und ihre Hypotheken zu bedienen. Das ist ein Programm, das nicht den Spekulanten hilft oder dem Nachbar in der Straße, der ein Haus gekauft hat, bei dem er niemals hoffen konnte, es sich leisten zu können. Aber es wird Millionen von Amerikanern helfen, die unter dem Verfall der Hauspreise leiden. (...)
Wir werden mit voller Kraft der Regierung daran arbeiten, dass die Großbanken, von denen die Amerikaner abhängen, auch in schwierigen Zeiten genug Vertrauen und Geld zum Verleihen haben. (...) Ich weiß, wie unpopulär es scheint, gerade jetzt den Banken zu helfen, wenn jeder zumindest teilweise wegen deren Fehlentscheidungen leidet (...)
Es geht nicht darum, Banken zu helfen, sondern Familien zu helfen. Denn wenn es wieder Kredite gibt, können junge Familien ein neues Haus kaufen. Und Firmen werden Arbeiter anstellen, die es Bauen. Und diese Arbeiter werden Geld haben, um es auszugeben. Und wenn sie auch einen Kredit bekommen, werden sie vielleicht ein neues Auto kaufen oder eine eigene Firma aufmachen. (...) Langsam, aber sicher wird das Vertrauen wieder zurückkehren und unsere Wirtschaft wird sich erholen. (...)
Mein Haushaltsprogramm wird nicht versuchen, alle Probleme zu lösen oder sich um jeden Punkt zu kümmern. (...) Aber angesichts der Krise wird jeder in dieser Kammer - Demokraten wie Republikaner - wichtige Projekte opfern müssen, für die kein Geld da ist. (...)
Dank unseres Sanierungsplans werden wir den Anteil der regenerativen Energie in den kommenden drei Jahren verdoppeln. (...) Um Innovationen zu fördern, werden wir 15 Milliarden Dollar pro Jahr investieren um Techniken wie Windkraft, Solarenergie, moderne Biokraftstoffe, saubere Kohle zu fördern und benzinsparende Pkw und Lastwagen hier in Amerika zu bauen.
Meine Regierung hat außerdem damit begonnen, den Regierungshaushalt Zeile für Zeile durchzugehen und verschwenderische oder uneffiziente Posten zu eliminieren. (...) Dabei haben wir Einspar-Posten über zwei Billionen Dollar für die nächsten zehn Jahre gefunden.
Im aktuellen Haushalt werden wir Bildungsprogramme beenden, die nicht funktionieren, und die Subventionen an große Landwirtschaftsunternehmen einstellen, die das nicht mehr brauchen. Wir werden Verträge ohne Ausschreibungen beenden, die Milliarden Dollar im Irak verschwendet haben und unser Verteidigungsbudget reformieren. (...) Um unsere Kinder vor künftigen Schulden zu bewahren, werden wir die Steuerbefreiungen für die reichsten zwei Prozent der Amerikaner aufheben. (...)
Weil wir unter einen Vertrauensverlust leiden, bin ich verpflichtet, wieder Ehrlichkeit und Verlässlichkeit in unseren Haushalt zu bringen. Deswegen blickt dieser Haushalt zehn Jahre nach vorne und umfasst auch Ausgaben, die unter den alten Regeln ausgelassen wurden. Das betrifft auch die vollen Kosten für die Kampfhandlungen im Irak und Afghanistan. Seit sieben Jahren sind wir eine Nation im Krieg. Wir werden den Preis dafür nicht länger verstecken. Wir werden unsere Politik in beiden Kriegen sorgfältig auf den Prüfstand stellen, und ich werde bald einen Weg in die Zukunft des Iraks vorstellen, der den Irak seinen Menschen überlässt und diesen Krieg verantwortlich beendet. (...)
Wenn wir zusammenkommen und diese Nation aus den Tiefen dieser Krise holen, wenn wir unsere Menschen wieder in Arbeit bringen und den Motor für unseren Wohlstand wieder in Gang bringen, wenn wir uns ohne Angst den Herausforderungen unserer Zeit stellen und uns auf den Geist eines Amerikas besinnen, das nicht aufgibt, dann werden eines Tages in vielen Jahren unsere Kinder ihren Kindern erzählen, dass dies die Zeit war, in denen wir uns an die Inschrift in diesen Räumen gehalten haben und etwas schufen, "was es wert ist, sich daran zu erinnern". Danke! Gott segne Sie! Und möge Gott die Vereinigten Staaten von Amerika segnen!