Keine Kooperation
OSZE wird Wahlen in Russland nicht beobachten
16.11.2007
Die OSZE-Wahlbeobachtungsstelle ODHIR wird die Parlamentswahlen in Russland am 2. Dezember nicht verfolgen.
Aus Protest gegen das Verhalten der russischen Behörden hat die OSZE ihre Beobachtermission bei der Parlamentswahl in Russland abgesagt. In einer am Freitag in Warschau veröffentlichten Erklärung warf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den russischen Behörden vor, die Zusammenarbeit zu verweigern. Nach wie vor zeigten sie keine Bereitschaft, die OSZE-Beobachter rechtzeitig zu empfangen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, hieß es. Unter diesen Umständen sei die OSZE nicht in der Lage, ihren Auftrag bei der Parlamentswahl am 2. Dezember zu erfüllen.
Russland reagiert kühl
Das russische Außenministerium
reagierte kühl. Ein Sprecher des Außenamtes in Moskau sagte, die OSZE könne
"entscheiden, wie sie will". Den Vorwurf, dass Moskau die Arbeit der
Wahlbeobachter behindere, wies ein Sprecher des russischen Präsidenten
Wladimir Putin zurück. Die Russische Föderation halte sich als Teil der OSZE
an ihre Verpflichtungen, sagte Dmitri Peskow.
Tschurow ist überrascht
Überrascht zeigte sich der Leiter
der zentralen russischen Wahlkommission am Freitag in Berlin. Die Absage
habe ihn "ziemlich erstaunt". Die Einladungen an die insgesamt 380
Wahlbeobachter seien nach Feststellung der Wahlliste in Oktober versandt
worden, sagte Wladimir Tschurow. Er hatte die OSZE beschuldigt, die nötigen
Formulare nicht ausgefüllt zu haben. "Die OSZE hat alle Möglichkeiten
gehabt, eine Delegation zu entsenden." Nach wiederholter Kritik hatte der
russische Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag zugesichert, sein Land
werde die Papiere rechtzeitig für die Wahl ausstellen.
Bedauern bei der EU
Die Europäische Union bedauerte, "dass die
Umstände es nicht erlauben, diese Beobachtungsmission zu haben", wie eine
Sprecherin der EU-Kommission am Freitag in Brüssel sagte. "Wir erwarten vom
russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Zusicherungen umzusetzen, die er
uns beim Gipfeltreffen in Mafra gegeben hat", ergänzte sie. Putin habe bei
dem Gipfel in Portugal am 26. Oktober versprochen, "dass die Wahlen offen
sind und den internationalen Standards für demokratische Wahlen
entsprechen". Russland habe als Mitglied der OSZE entsprechende Pflichten
übernommen.
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Selbst wenn die Visa nun noch ausgestellt würden, wäre es zu spät, um noch eine aussagekräftige Beobachtung der Wahl am 2. Dezember durchführen zu können, meinte OSZE-Sprecherin Urdur Gunnarsdottir. Die Kandidaten seien bereits registriert, der Wahlkampf in den Medien laufe, und die Zeit reiche nicht mehr aus, Beobachter an Ort und Stelle aufzustellen. Die Zeit "ist für uns abgelaufen", so Gunnarsdottir. Die Experten sind in der Regel Wochen vor der Wahl im Einsatz, um den Wahlkampf, die Registrierung der Kandidaten und die Berichterstattung durch die Medien zu beobachten.
Nur 70 OSZE-Beobachter waren zugelassen
Moskau hat lediglich 70
OSZE-Beobachter zugelassen gegenüber 400 bei der Parlamentswahl vor vier
Jahren. Außer der OSZE wurden auch Vertreter aus der Gemeinschaft
Unabhängiger Staaten (GUS), des Europarats, Großbritanniens, Frankreichs,
Deutschlands und Italiens eingeladen. Bei der Wahl 2003 waren laut
Wahlkommission insgesamt 1.100 Beobachter anwesend. 2003 hatten die
internationalen Beobachter mehrere Verstöße gegen demokratische Standards
festgestellt.
4.000 Kandidaten aus 11 Parteien
Um die Stimmen der 108 Millionen
Wahlberechtigten bewerben sich am 2. Dezember mehr als 4.000 Kandidaten aus
elf Parteien. Dabei kann die die Kreml-Partei Geeintes Russland weiter mit
einem klaren Sieg rechnen. Einer Umfrage zufolge kommt sie auf 67 Prozent
der Stimmen. Zweitstärkste Kraft werden wohl die Kommunisten mit 14 Prozent.
Laut der Umfrage schafft keine weitere Partei die zum Einzug in die Duma
notwendige Siebenprozent-Hürde. "Der Vorsprung von Geeintes Russland ist so
gewaltig, dass die Wahlen an die Sowjetzeit erinnern, als es noch keine
Alternativen gab", sagte Lew Gudkow vom Meinungsforschungsinstitut Lewada.
Nimmt Putin Einfluss?
Kritiker werfen der Regierung von Putin
vor, unrechtmäßigen Einfluss auf die Wahl auszuüben, um den Sieg von
Geeintes Russland zu garantieren. Spitzenkandidat der Partei ist Putin
selbst, der nicht für eine dritte Amtszeit als Präsident kandidieren darf.
Der neue Präsident soll am 2. März gewählt werden.