"Ich habe tiefen Respekt für die Religionen und besonders für die Muslime", erklärt Benedikt XVI. hinsichtlich seiner umstrittenen Rede.
Papst Benedikt XVI. hat am Mittwoch seinen "tiefen Respekt" für den Islam unterstrichen und zum Dialog zwischen den Religionen aufgerufen. Auf dem streng von Polizei und Sicherheitskräften überwachten Petersplatz in Rom betonte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche erneut, seine Äußerungen zum Thema Islam seien missverstanden worden. In seiner Rede in Regensburg am Dienstag vor einer Woche habe er deutlich machen wollen, dass nicht Religion und Gewalt, sondern Religion und Vernunft zusammengehören. "Ich habe tiefen Respekt für die Religionen und besonders für die Muslime, mit denen wir einen einzigen Gott anbeten und für die Ziele der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freiheit zusammenarbeiten", erklärte der Papst. Die rund 40.000 Gläubigen reagierten mit Beifall.
Religion und Vernunft
"Die Worte des byzantinischen Kaisers drücken nicht meine Meinung aus, und ich wollte sie in keiner Weise zu den meinen machen", sagte er weiter. Das Zitat habe ihm vielmehr als Einstieg zu einer Vorlesung über das Verhältnis von Glaube und Vernunft gedient. "Für den aufmerksamen Leser meines Textes ist klar, dass ich mir die negativen Worte des mittelalterlichen Imperators in keiner Weise zu Eigen machen wollte und dass ihr polemischer Inhalt nicht meine persönliche Überzeugung widerspiegelt", sagte Benedikt XVI. "Meine Intention war eine ganz andere. Ich wollte erklären, dass Religion und Gewalt nicht zusammengehen, aber das Religion und Vernunft es tun", fügte er hinzu. Er hoffe darauf, dass die Aufregung zur Ermutigung eines positiven und selbstkritischen Dialoges führe, sowohl zwischen den Religionen als auch zwischen moderner Vernunft und dem christlichen Glauben.
Der Papst hatte am 12. September in Regensburg einen byzantinischen Kaiser aus dem 14. Jahrhundert mit den Worten zitiert, der Prophet Mohammed habe nur "Schlechtes und Inhumanes" gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte. Nach Protesten in der islamischen Welt hatte Benedikt XVI. bereits am Sonntag bedauert, dass seine Äußerungen missverstanden worden seien. Angesichts des islamischen Terrors hatte der Papst seine Ablehnung einer Glaubensverbreitung durch Gewalt in den Mittelpunkt der Rede gestellt.
Islamgelehrter beschwichtigt
Nach Tagen der herben Kritik kamen am Mittwoch auch mäßigende Stimmen aus der islamischen Welt zum Tragen. Die umstrittenen Äußerungen des Papstes sollten nicht derart exzessive Reaktionen in der muslimischen Welt verursachen, meint der international renommierte Islamgelehrte und Professor in Oxford, Tariq Ramadan. Benedikt XVI. brauche sich nicht zu entschuldigen, erklärte Ramadan. Der Papst sei "sehr schlecht" verstanden worden. Die Führer in der islamischen Welt müssen laut Ramadan aufhören, zu gewaltträchtigen Protesten aufzurufen: Wenn man mit einer Äußerung nicht einverstanden sei, rufe man auch "nicht nach Entschuldigungen, sondern man argumentiert".
Unterdessen leitete die römische Staatsanwaltschaft am Mittwoch Ermittlungen gegen Unbekannt wegen der Drohungen gegen Benedikt XVI. ein. Anlass sind entsprechende Äußerungen und Aufrufe islamischer Fundamentalisten im Internet. Die Untersuchung wurde vom Anti-Terror-Ermittler Franco Ionta in die Wege geleitet. Der Staatsanwalt hat die Polizei beauftragt, jene Internet-Seiten zu kontrollieren, die Drohungen gegen den Papst nach der Polemik um seine Rede in der Regensburger Universität veröffentlicht haben.
In einem dem islamistischen Terrornetzwerk Al-Kaida zugeschriebenen Video wurde am vergangenen Wochenende zum Mord an Papst Benedikt XVI. aufgerufen. In dem Video ist ein Schwert (Symbol des Islam) zu sehen, dass sich gegen ein Kreuz (Symbol des Christentums) richtet. Danach folgen Bilder von Terrorchef Osama bin Laden, den Anschlägen vom 11. September 2001, von kampfbereiten Gotteskriegern und den "Hauptfeinden des Islam", nämlich US-Präsident George W. Bush und Großbritanniens Premier Tony Blair. Zu diesen habe sich jetzt auch Papst Benedikt XVI. gesellt, heißt es.
Diplomatische Initiative geplant
Mit einer neuen diplomatischen Initiative will der Vatikan die Emotionen um den Regensburger Vortrag vom Papst weiter dämpfen. Vermutlich Ende des Monats sollen laut Kathpress die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschafter aus islamischen Ländern zu einem Treffen eingeladen werden, wo der Vatikan noch ein Mal die Vorlesung Benedikts XVI. zum Thema Glauben und Vernunft vom 12. September erläutert und Missverständnisse zu beseitigen versucht.
Zuvor hatte das Staatssekretariat bereits die Nuntien in der arabischen und islamischen Welt angewiesen, bei den dortigen Regierungen vorstellig zu werden und den vollständigen Redetext in arabischer Übersetzung vorzulegen. Auch solle dort die entsprechende Erklärung von Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone vom vergangenen Samstag sowie die Bedauernsäußerung des Papstes vom Sonntag vorgetragen werden. Die meisten arabischen und islamischen Staaten unterhalten volle diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl.