USA-Reise
Papst traf Opfer pädophiler Priester
18.04.2008
Benedikt XVI. hat mit einer persönlichen Geste überrascht: Der Papst traf in den USA Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester.
Papst Benedikt XVI. ist mit einem persönlichen Treffen mit Missbrauchsopfern pädophiler Priester weit über die Erwartungen bei seinem USA-Besuch hinausgegangen. Er rückte damit seine Bemühungen um Sühne und Wiedergutmachung für den die amerikanische katholische Kirche seit Jahren erschütternden Skandal in den Mittelpunkt seiner ersten Papstreise in die Vereinigten Staaten. Ein Verband der Opfer, das Netzwerk der Überlebenden der von Priestern Missbrauchten (The Survivors Network of those Abused by Priests) sprach von einem "positiven Schritt auf einem sehr langen Weg".
Berührende Szenen
Benedikt traf sich nach Angaben von
Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Donnerstag mit fünf oder sechs
inzwischen erwachsenen Opfern von Kindesmissbrauch durch katholische
Geistliche. Er habe ihnen Mut und Hoffnung zugesprochen, mit ihnen gebetet
und sich Zeit für eine Begegnung unter vier Augen mit jedem von ihnen
genommen. Einige seien mit Tränen in den Augen aus der Begegnung gekommen,
sagte Lombardi.
Einige Opfer berichteten im US-Fernsehsender CNN von ihrer Begegnung mit dem Papst. Bernie McDaid sagte, er sei Messdiener gewesen, als er von einem Priester sexuell belästigt worden sei. Er habe Benedikt gesagt: "Es war nicht nur sexueller Missbrauch, es war auch spiritueller Missbrauch. Und ich will, dass Sie das wissen." McDaid und zwei weitere Teilnehmer beschrieben die Begegnung mit dem Papst in der Kapelle der Washingtoner Vatikan-Botschaft als sehr offen und emotional. Lombardi sagte, es sei vermutlich das erste Treffen eines Papstes mit Missbrauchsopfern von Priestern überhaupt.
Mehr als 4.000 Priester sind in den USA beschuldigt worden, seit den 50er Jahren Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Die Kirche zahlte mehr als zwei Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) Schmerzensgeld. Der Skandal nahm eine nationale Dimension an, als der Fall eines geistlichen Serientäters in Boston vielen Opfern den Anstoß gab, auch ihre Geschichte öffentlich zu machen. Sechs Diözesen brachten die Kosten des Skandals in die Zahlungsunfähigkeit.
"Lang erwarteter Schritt"
Ein Sprecher der von
Geistlichen in den USA missbrauchten Kinder, Gary Bergeron, sagte, sein
Versuch, vor einigen Jahren im Vatikan Benedikts Vorgänger Johannes Paul II.
zu treffen, sei damals gescheitert. Das Treffen Benedikts sei ein "lange
erwarteter Schritt in die Richtung", sagte der 45-Jährige, der nicht zu
der vom Papst empfangenen Gruppe gehörte. "Die katholische Kirche
ist zum Teil auf Symbolik gebaut, und ich denke, das Symbol, dass davon
ausgegangen wäre, wenn er sich nicht mit Opfern getroffen hätte, verheerend
gewesen wäre", sagte Bergeron.
Es war erwartet worden, dass Benedikt den Sexskandal nur einmal während seiner sechstägigen US-Reise zur Sprache bringt. Schon bei seiner Ankunft in den USA erklärte er, der Skandal erfülle ihn mit "tiefer Scham". Den versammelten US-Bischöfen schrieb er später ins Stammbuch, sie hätten die Krise "manchmal schlecht gehandhabt" und sie müssten den Opfern entgegenkommen. Dasselbe forderte er bei einer Messe im Washingtoner Baseballstadion von den Gemeindemitgliedern.
Weiterreise nach New York
Am Freitag reist der Papst er nach New
York weiter, wo eine Rede vor den Vereinten Nationen und ein Besuch in einer
Synagoge geplant sind. Mit seiner zweiten großen Freiluftmesse im New Yorker
Yankees-Stadion will der Papst am Sonntag seine Reise abschließen. Lesen
Sie hier mehr zu den Terminen.