"Scheckheft regiert"
Politiker protestieren gegen Gaddafi-Besuch
11.12.2007
Etwa 100 Menschen protestierten gegen die Visite des libyschen Staatschefs. Gaddafi kritisierte die Lage der Einwanderer in Frankreich.
Mehrere französische Politiker sind am Dienstagabend gegen den Besuch des libyschen Revolutionsführers Muammar el Gaddafi in Paris auf die Straße gegangen.
"Das Scheckheft regiert die Welt"
Während der
Demonstration auf dem Marsfeld im Zentrum der französischen Hauptstadt sagte
der Vorsitzende der Zentrumspartei Modem, François Bayrou, in Anspielung auf
die vom Präsidialamt in Aussicht gestellten milliardenschweren Geschäfte mit
Libyen: "Es ist das Scheckheft, das die Welt regiert - aber ob ein
blutrünstiger Diktator arm oder reich ist, ändert nichts an seinem Wesen."
Die Sozialistin Ségolène Royal sagte, der Besuch trete "moralische
Regeln mit den Füßen". Etwa 100 Menschen protestierten
insgesamt gegen die Visite des libyschen Staatschefs.
Gaddafi: Frankreich solle Menschenrechte für Einwanderer einhalten
Angesichts
der breiten Kritik an der Menschenrechtslage in Libyen prangerte Gaddafi
seinerseits die Lage der Einwanderer in Frankreich an. "Bevor wir über
Menschenrechte sprechen, sollten Sie sicherstellen, dass Einwanderer all
diese Rechte in Ihrem Land genießen können", sagte er in
einer Rede vor der Afrikanischen Gemeinde an seine Kritiker gewandt.
Gaddafi warf den Europäern vor, Ausländer schlecht zu behandeln. "Wir Afrikaner sind Opfer der Ungerechtigkeit", sagte er. Die Leute aus dem Westen hätten "uns wie Vieh hier hergebracht, damit wir schwere und dreckige Arbeit verrichten, und haben uns in die Vorstädte geworfen. Und wenn wir unsere Rechte einfordern, werden wir von der Polizei geschlagen."
"Keine Menschenrechtsverletzungen in Libyen"
Der
libysche Staatschef Menschenrechtlern gegen seine Regierung zurückgewiesen.
Libyen habe niemals terroristische Akte begangen, und die Menschenrechtslage
sei kein Problem, sagte Gaddafi am Dienstag in einem Interview des Senders
France 2. Es gebe keinen einzigen politischen Gefangenen.
Libysche Regierung nicht für Anschläge verantwortlich
Für
die Anschläge auf ein französisches Passagierflugzeug und auf eine
US-amerikanische Maschine Ende der 80er Jahre seien Einzelpersonen
verantwortlich gewesen, sagte Gaddafi. Die Regierung in Tripolis war
jahrzehntelang international isoliert und galt als Unterstützer des
Terrorismus. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International werfen Gaddafi
nach wie vor quasidiktatorische Methoden vor. Sarkozy rechtfertigte den
Empfang Gaddafis am Montag mit dessen Willen, Libyen bei der Rückkehr in die
internationale Staatengemeinschaft zu fördern.