Neonazi-Attentat
Polizei sucht nach 2 tätowierten Männern mit Glatze
18.12.2008
Die Verdächtigen im Fall des Passauer Polizeichefs werden in Deutschland und Österreich gesucht, als Drahzieher des Attentats wird eine Gruppe Ultrarechter vermutet.
Nach dem Messer-Attentat auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl fahndet die deutsche Polizei weiter nach zwei mutmaßlichen Neonazis mit auffälligen Tätowierungen. In ganz Deutschland und Österreich werde nach den glatzköpfigen Männern gesucht, sagte Einsatzleiter Anton Scherl am Donnerstag.
Die Sonderkommission der Polizei hofft nach der konkreten Beschreibung der Männer auf Hinweise aus der Bevölkerung. Rund 20 neue Hinweise seien bereits eingegangen, sagte Scherl. Die Ermittler prüfen weiter, ob sie Phantombilder von den Männern veröffentlichen. Unterdessen konnten sich die deutschen Bundesländer nicht auf ein neues NPD-Verbotsverfahren einigen.
Verhaftetes Ehepaar bestreitet Beteililgung
Ein Ehepaar aus
München, gegen das am Mittwoch wegen des Verdachts der Beihilfe zum
versuchten Mord Haftbefehl erlassen wurde, bestreitet nach Angaben der
Polizei die Beteiligung an der Tat. Die Angaben des 33-jährigen Mannes und
der 22-jährigen Frau seien zum Teil aber widerlegt worden. Es soll sich um
aktive Rechtsextremisten handeln, die bereits wegen entsprechender Taten
vorbestraft sein sollen.
Racheakt wird vermutet
Mannichl war am Samstag vor seinem Haus
von einem Mann mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt worden. Das
Paar soll bei dem Anschlag geholfen haben. Die Ermittler vermuten einen
Racheakt von Rechtsextremisten gegen den Polizeidirektor.
Täter haben bayrischen oder österreichischen Dialekt
Bei
dem Täter soll es sich um einen 25 bis 35 Jahre alten, etwa 1,90 Meter
großen Mann handeln, der bayerischen oder österreichischen Dialekt spricht.
Der Täter soll am Hals eine Tätowierung oder ein großes Muttermal haben und
eine in der Skinheadszene übliche Bomberjacke getragen haben. Sein Helfer
soll hinter dem linken Ohr ein auffälliges Tattoo in Form einer grünen
Schlange haben. Die Polizei schließt aber wegen der Ähnlichkeit der
Beschreibungen nicht aus, dass es sich bei den beiden um ein- und denselben
Mann handelt.
Gruppe Ultrarechter als Drahzieher?
Nach einem Bericht des
Nachrichtenmagazins "Focus" steht hinter dem Anschlag
möglicherweise eine Gruppe gewalttätiger Ultrarechter. Demnach gehört das
Ehepaar zu den "Freien Nationalisten München", einem Ableger
der gewaltbereiten "Autonomen Nationalisten", die laut dem
deutschen Verfassungsschutz nicht Teil der traditionellen
rechtsextremistischen Szene sind. Entgegen dem Trend zur
organisationsübergreifenden Zusammenarbeit im Umfeld der NPD seien sie um
eigene Strukturen und Aktionen bemüht.
"Autonome Nationalisten"
Erstmals größer in
Erscheinung traten die "Autonomen Nationalisten" bei den
Maikrawallen in Hamburg. Mit schwarzer Kleidung, Turnschuhen, Sonnenbrillen,
Baseball-Kappen und Kapuzenpullovern sind sie auf den ersten Blick von "linken"
Gegendemonstranten kaum zu unterscheiden. Der Präsident des deutschen
Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, beziffert das Netzwerk der
Ultrarechten auf "bundesweit über 400 Anhänger". Diese
Neonazis würden "Gewalt als probates Mittel zur politischen
Auseinandersetzung" ansehen, so der BKA-Chef.
Keine Aktionen in Österreich
Trotz der "eng verwobenen"
rechten Szene in Bayern, Österreich und Tschechien seien beide Gruppen
bisher nicht in Österreich in Erscheinung getreten, sagte der
oberösterreichische Sicherheitsdirektor Alois Lißl der APA. "Da
geht es um deutsche Gruppen, die sogar abgehoben von der Grenze im
zentralbayerischen Raum agieren." Er geht demnach "sicher nicht"
von einem Täter aus Oberösterreich aus.
Nichtsdestotrotz stehe die Polizei mit der Sonderkommission in Bayern in stetem Kontakt. Es würden "laufend" Befragungen auch in der oberösterreichischen Szene gemacht. Einen öffentlichen Aufruf an die Bevölkerung um Mithilfe bei der Suche nach dem Passauer Messerstecher hält Lißl nicht für zielführend: "Wenn er in Oberösterreich aufgetreten ist, dann nur in einem kleinen Kreise Rechtsradikaler." Lißl besuchte am Donnerstag den verletzten bayrischen Kollegen Mannichl und überbrachte Genesungswünsche von Innenministerin Maria Fekter (V).
Solidaritätskundgebung für Mannichl geplant
Am Wohnort
des bei einer Messerattacke verletzten Passauer Polizeidirektors Alois
Mannichl soll es eine Solidaritätskundgebung mit dem schwerverletzten
52-Jährigen geben. Die Marktgemeinde Fürstenzell will am kommenden Montag
mit einer stillen Lichterdemo unter dem Motto "Protest ohne jegliche Gewalt"
offiziell auf den Mordanschlag vom vergangenen Samstag reagieren, wie sie am
Donnerstag mitteilte. Mannichl ist dort für die "Überparteilichen Wähler" im
Marktrat vertreten.