Italien in der Krise
Prodi stellt sich Vertrauensvotum
21.01.2008
Nach dem Austritt der Udeur-Partei aus seiner Koalition stellt Romano Prodi im Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage.
Der italienische Regierungschef Romano Prodi muss um die Zukunft seines Kabinetts bangen. Nach dem Austritt der christdemokratischen Udeur-Partei aus seiner Koalition hat der Ministerpräsident am Dienstag im Abgeordnetenhaus und im Senat die Vertrauensfrage gestellt. In der Abgeordnetenkammer, in der Prodi über eine solide Mehrheit verfügt, ist die Vertrauensabstimmung am Mittwoch geplant. Im Senat kann der Premierminister aber nach dem Austritt der Udeur mit keiner Mehrheit mehr rechnen. Ein Sturz der Regierung ist nicht auszuschließen.
Partei von Ex-Justizminister aus Koalition ausgetreten
Die
Kleinpartei Udeur war am Montag aus der Regierungskoalition ausgetreten,
nachdem ihr Parteichef, Justizminister Clemente Mastella, wegen Verwicklung
in einen ausgedehnten Korruptionsskandal das Handtuch geworfen hatte.
Mastella kritisierte, er habe keinerlei Solidarität von seiner Regierung
erhalten, daher werde seine Partei das Kabinett nicht einmal extern mehr
unterstützen. Die Entscheidung Mastellas stürzt die fragile, bisher aus neun
Parteien bestehende Regierungskoalition in eine tiefe Krise mit offenem
Ausgang.
"Stimmen gegen Prodi"
"Wir werden sowohl im Senat, als
auch in der Abgeordnetenkammer gegen Prodi stimmen", sagte der
Spitzenpolitiker der Udeur Mauro Fabris. Er dementierte Gerüchte, wonach die
Udeur mit Prodi über Bedingungen für ihren Verbleib in der
Regierungskoalition verhandle.
Junge Koalition mit knapper Mehrheit geplatzt?
Am Dienstag
plädierte Prodi in einer Ansprache vor der Abgeordnetenkammer für den
Zusammenhalt seiner Koalition. Es sei wichtig, dass die Regierung ihre vor
20 Monaten aufgenommene Arbeit fortsetzen könne, die bereits positive
Resultate zeige. Prioritäten seines Kabinetts seien in diesem Jahr die
Senkung des Steuerdrucks und Reformen. Man müsse Italien eine
Regierungskrise ersparen.
Prodi wies Mastellas Vorwurf zurück, dass die Koalition ihn angesichts der Justizermittlungen im Stich gelassen habe. Er sei mit Mastella solidarisch, dessen Arbeit als Justizminister er schätze. Politik und Justiz müssten jedoch in den jeweiligen Bereichen unabhängig sein, betonte Prodi.
Opposition will "Elezione"
Die Opposition um den
Mailänder TV-Zaren Silvio Berlusconi drängt auf sofortige Neuwahlen, die
schon im Mai stattfinden könnten. "Prodi ist ein Meisterwerk gelungen, er
hat all seine Verbündete verärgert", sagte Berlusconi. Die Parteien seiner
oppositionellen Mitte-rechts-Allianz werden vereint an Neuwahlen teilnehmen,
sollten welche ausgeschrieben werden.
Wechselt Udeur ins Berlusconi-Lager?
Laut Berlusconi könnte
Mastellas Udeur sich wieder der christdemokratischen UDC anschließen, von
der sie sich Mitte der Neunziger Jahren getrennt hatte. Die UDC gehört
Berlusconis Lager an
Kammerpräsident Fausto Bertinotti forderte eine institutionelle Regierung unter der Leitung des Senatspräsidenten Franco Marini. Diese hätte den Auftrag, in Kürze eine Wahlrechtsreform über die Bühne zu bringen.