Zusammenstöße

Proteste in Israel nach neuem Hamas-Geisel-Video

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Nach der Veröffentlichung eines Geisel-Videos durch die Hamas ist es am Mittwochabend in Israel spontan zu Protesten gekommen.

Hunderte Menschen versammelten sich in Jerusalem in der Nähe der Residenz des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, um für die Freilassung der Geiseln zu demonstrieren, meldeten mehrere Medien übereinstimmend. Darunter seien auch Freunde des entführten jungen Mannes gewesen, der auf den zuvor veröffentlichten Video zu sehen war.

Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Polizeiangaben zufolge zündeten Demonstranten Feuer, und Feuerwerkskörper an und warfen Mülltonnen um. Sie blockierten demnach auch den Verkehr. Sicherheitskräfte hätten versucht, sie auseinanderzutreiben. Vier Menschen wurden demnach festgenommen. Auch im Zentrum der Küstenmetropole Tel Aviv kam es am Mittwochabend zu einer spontanen Kundgebung.

Medien verbreiteten zudem ein Video, das zeigt, wie Sicherheitskräfte den rechtsextremen Polizeiminister Itamar Ben-Gvir auf einer Demonstration zu seinem Auto bringen, während die Menge "Schande" skandiert. Die Aufnahmen zeigen, wie er den Menschen zuwinkt. Ben-Gvir, der auch Sicherheitsminister ist, hatte sich Berichten zufolge in der Vergangenheit bereits für ein Ende der Verhandlungen über die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert, da im Gegenzug eine Feuerpause in Aussicht gestellt werden sollte.

Aufstand gegen Regierung

Seit Monaten fordern immer wieder Tausende Menschen von der Regierung einen weiteren Deal mit der Hamas, um die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu erreichen. Die Hamas hat Berichten zufolge Vorschläge internationaler Vermittler abgelehnt. Israel ist im Gegenzug nicht bereit, alle Forderungen der Hamas zu erfüllen. Angehörige der Verschleppten werfen auch der Regierung vor, einem Geisel-Deal im Wege zu stehen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte Anfang Februar gesagt, einem Abkommen "nicht um jeden Preis" zustimmen zu wollen.

Der 24-Jährige hatte in dem Video der israelischen Regierung schwere Vorwürfe gemacht. Sie habe die israelischen Bürger nicht beschützt und im Stich gelassen - die Geiseln bereits seit fast 200 Tagen. Unter welchen Umständen das Video entstanden ist und ob der Mann aus freien Stücken oder unter Drohungen sprach, war zunächst unklar.

Die Aufnahme war zudem nicht datiert, das Hamas-Massaker war am Mittwoch allerdings 201 Tage her. Der Mann, der vom Nova-Musikfestival verschleppt wurde, sagte in dem Video weiterhin, durch die Luftangriffe der israelischen Armee seien 70 Geiseln im Gazastreifen getötet worden. Allerdings weiß Israel nach eigenen Angaben derzeit nicht, wie viele der in den Gazastreifen verschleppten Menschen tot sind und unter welchen Bedingungen sie ums Leben kamen.

Hoffnung auf Überleben der Geiseln schwindet

Israel war bis vor wenigen Wochen davon ausgegangen, dass knapp 100 der rund 130 verbliebenen Geiseln noch am Leben sind. Inzwischen wird aber befürchtet, dass deutlich mehr von ihnen bereits tot sein könnten. Die Nachrichtenseite ynet schrieb kürzlich. "Die Geiseln sterben weg, laut Schätzungen sind schon heute weniger als die Hälfte von ihnen noch am Leben."

Die aus Israel entführten Menschen befänden sich in einer "unterirdischen Hölle" ohne Nahrung, Wasser und medizinische Behandlung, sagte der Entführte in dem vom militärischen Arm der Terrororganisation, den sogenannten Kassam-Brigaden, veröffentlichten Video weiter. Er forderte die israelische Regierung darin auch auf, die Geiseln nach Hause zu bringen.

Auf den Aufnahmen ist der junge Mann mit fehlendem Unterarm zu sehen. Sein Unterarm wurde israelischen Medien zufolge abgerissen, als Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober Granaten in ein Versteck warfen, in dem er und andere Menschen Schutz gesucht hatten. Berichten zufolge ist der Mann israelischer und amerikanischer Staatsbürger.

Dramatisches Video

Er bitte seine Familie, für ihn stark zu bleiben, sagte er dem Video zufolge weiter. Seine Mutter setzt sich auf internationaler Bühne stark für seine Freilassung ein. Sie hielt unter anderem emotionale Ansprachen bei einer Großkundgebung in Washington und vor den Vereinten Nationen in Genf. "Wir sind erleichtert, ihn lebend zu sehen, machen uns aber auch Sorgen um seine Gesundheit und sein Wohlergehen", sagten seine Eltern in einer Erklärung, die das Forum der Geisel-Angehörigen veröffentlichte. Sie hätten seit seiner Entführung erstmals die Stimme ihres Sohnes gehört. "Wenn du uns hören kannst, sagen wir dir: Wir lieben dich, bleib stark, überlebe."

"Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Angst, noch mehr unschuldige Leben zu verlieren, größer", teilte das Forum der Geisel-Angehörigen nach Veröffentlichung des "erschütternden" Videos mit. "Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Zeit zu verschwenden. Die Geiseln müssen oberste Priorität haben." Seit mehr als 200 Tagen ertragen sie täglich körperliche, sexuelle und psychische Qualen, wie es in der Erklärung weiter hieß.

Die Hamas hat bereits mehrfach Aufnahmen der aus Israel verschleppten Menschen gezeigt. Diese Art von Videos werden von Israel als Psychoterror gegen die Angehörigen eingestuft.

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