Anna Politkowskaja
"Putin zerstört Demokratie"
25.11.2006
Die Journalistin Anna Politkowskaja hat vor ihrer Ermordung den russischen Präsident Wladimir Putin für die Geiselnahme in einem Moskauer Theater und der Schule von Beslan mit hunderten Toten verantwortlich gemacht.
In einem Interview der BBC vom April 2006, das am Freitag erstmals ausgestrahlt wurde, warf Politkowskaja Putin vor, die Demokratie in Russland zu zerstören. Putin habe bewusst Terrorakte provoziert, sagte Politkowskaja. Die Journalistin war am 7. Oktober in ihrem Haus in Moskau erschossen worden.
Putin "versteht nicht, dass jeder Mensch Rechte hat, dass er nicht ein Zahnrädchen in einer Maschine ist", sagte Politkowskaja. Der russische Staatschef denke nach der Logik eines KGB-Offiziers aus den Zeiten der Sowjetunion, und diese Ansicht werde von vielen Russen geteilt. "Die Geburt der Demokratie war schwer. Aber sie ist geboren worden, und er (Putin) tötet sie", sagte die Journalistin. Putin "reproduziert Terror", betonte sie weiter.
"Presse mundtot gemacht“
Politkowskaja war im Oktober
2002 eine von wenigen Personen, die während der Geiselnahme in einem
Moskauer Theater das Gebäude betraten und versuchten, mit den
tschetschenischen Extremisten zu verhandeln. Knapp zwei Jahre später flog
sie in den Süden Russlands, um über die Geiselnahme in einer Schule in
Beslan zu berichten. Die Tschetschenen könnten sich nicht vor Gericht gegen
Repressalien wie die Entführung von Angehörigen wehren, und dadurch sei es
zur Besetzung des Moskauer Theaters und der Schule in Beslan gekommen,
erklärte sie.
Putin habe die russische Presse mundtot gemacht und kritische Stimmen unter Druck gesetzt, sagte Politkowskaja weiter. "Gäbe es eine unabhängige Presse, würde sie Putin auseinander nehmen, Stück für Stück."
Im Zusammenhang mit Politkowskajas Tod hatte der russische Ex-Spion Alexander Litvinenko ermittelt, der am Donnerstag in London an den Folgen einer Vergiftung starb. Litvinenko beschuldigte Putin auf dem Sterbebett, er habe den Giftanschlag auf ihn verüben lassen