Europa-Parlament
Rechtsextreme bilden eigene Fraktion
15.01.2007
Die Rechtsextremisten im Europaparlament haben eine eigene Fraktion gebildet. Ihr wird auch der FPÖ-Abgeordnete Mölzer angehören.
Ein Bündnis aus rechtsextremen, rechtspopulistischen und ultranationalistischen Parteien ist am Montag erstmals im Europaparlament in Straßburg gegründet worden. Die Fraktion "Identität/Tradition/Souveränität" (ITS) verfügt über 20 von insgesamt 785 Abgeordneten, darunter der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer. Forderungen aus den Reihen der Christ- und Sozialdemokraten, wonach die Gruppierung unzulässig sei, da den Beteiligten die politischen Gemeinsamkeiten fehlten, wies der scheidende Parlamentspräsident Josep Borrell zurück.
"Die Fraktion erfüllt die Kriterien, die in der Geschäftsordnung vorgesehen sind", sagte Borrell. Zuvor hatten der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz und der Vizefraktionschef der konservativ-christdemokratischen EVP-ED-Fraktion, Othmar Karas, gefordert, die Rechtmäßigkeit der Rechtsaußenfraktion überprüfen zu lassen. Schulz bezog sich in der Parlamentsdebatte auf eine Äußerung, welche die italienische Abgeordnete Alessandra Mussolini am 5. machte. Die Enkelin des faschistischen Diktators hatte damals erklärt: "Es ist mehr eine technische als eine politische Gruppe."
Begutachtung gefordert
Auch Karas meldete "Zweifel an der
gemeinsamen politischen Basis" an und forderte eine Begutachtung der neuen
Fraktion. Eine Überprüfung könne nach der Geschäftsordnung aber nur
erfolgen, wenn die Zusammengehörigkeit von betreffenden Mitgliedern in
Abrede gestellt werde, wandte Borrell ein. Es gebe "ein klares Zeichen der
gemeinsamen politischen Affinität ihrer Mitglieder".
Auch der Vorsitzende der Rechtsaußenfraktion, Bruno Gollnisch, wies den Vorwurf mangelnder politischer Gemeinsamkeiten zurück. Der Einwand wäre nur akzeptabel, wenn nicht alle Mitglieder auch eine Erklärung unterzeichnet hätten, sagte er in Hinblick auf Schulz. Demnach werde sich das Bündnis für die Erhaltung europäischer und nationaler Identitäten einsetzen, für finanzielle Transparenz, außerdem gebe es einen Verweis auf die christlichen Werte und Menschenrechte. Seine Fraktion "hat einen politischen Inhalt", betonte Gollnisch. Dies solle auch Schulz anerkennen, da er sonst vor dem EU-Gerichtshof "Probleme bekommen wird".
„Keine Berührung“
Bereits vor Konstituierung der
neuen Rechtsaußenfraktion kündigten die Sozialisten und Sozialdemokraten
(SPE) an, mit den anderen Parteien einen "Cordon Sanitaire" gegen die neue
Rechtsfraktion ziehen zu wollen. SPE-Fraktionschef Martin Schulz appellierte
in einem Brief an seine Kollegen, die Mitglieder von ITS nicht in
Führungspositionen wie die von Vize-Vorsitzenden in den parlamentarischen
Ausschüssen zu wählen. Diese Posten werden nach dem mathematischen System
von D'Hondt vergeben, bedürfen aber zusätzlich einer Wahl in den
Ausschüssen. "Wir dürfen den Ort der demokratischen Einigung Europas nicht
denen überlassen, die alle unsere europäischen Grundwerte verneinen", heißt
es in dem vom Montag datierten Brief von Schulz. Karas hatte am Freitag klar
gemacht, es werde "keine Berührung" seitens der ÖVP-Abgeordneten mit IST
geben.
Liste der „prominenten“ Mitglieder
Neben Mölzer und
Mussolini gehören der Allianz sieben Abgeordnete des rechtsextremen
französischen Front National an, darunter deren Chef Jean-Marie Le Pen,
seine Tochter Marine Le Pen und der designierte Fraktionschef Gollnisch, der
sich in Frankreich wegen angeblicher Leugnung des Holocausts vor Gericht
verantworten muss. Außerdem zählen zu der Allianz drei Abgeordnete des
fremdenfeindlichen belgischen Vlaams Belang, fünf Parlamentarier der
ultranationalistischen Groß-Rumänien-Partei, ein Mandatar der bulgarischen
Ataka-Partei, sowie die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini, der italienische
Angeordneter Luca Romagnoli , und der britische Euroskeptiker Ashley Mote.
Als Fraktion sollen die bisher isolierten Abgeordneten bedeutend mehr
Finanzmittel und Unterstützung bei Dienstleistungen des Parlaments genießen.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache begrüßte den Zusammenschluss der Rechtsaußen-Abgeordneten im Europaparlament. Das sei "eine tolle Errungenschaft", sagte Strache am Montag in Wien.