NPD im Landtag
Rechtsextremer Wahl-Erfolg in Deutschland
17.09.2006
Die schlimmsten Befürchtungen in Deutschland haben sich bewahrheitet: Nach Sachsen zieht die rechtsextremistische NPD auch in Mecklenburg-Vorpommern mit gut sechs Prozent in den Landtag ein.
In Sachsen ist sie schon seit 2004 im Regionalparlament vertreten. Der Wahl-Erfolg der Rechtsextremisten im Nordosten ist für die demokratischen Parteien ein Warnsignal. Zudem zeichnete sich ab, dass die NPD es bei den gleichzeitigen Wahlen in Berlin zwar nicht ins Abgeordnetenhaus, aber in einige der Bezirksversammlungen schaffen könnte.
Die NPD hatte sich bewusst auf Mecklenburg-Vorpommern konzentriert. Dieses gehört zu den wirtschaftlichen Problemgebieten Ostdeutschlands und hat trotz hoher Subventionen kaum Aussicht auf wirkliche Besserung. Mit einer Arbeitslosenquote von 18,2 Prozent hält es die Spitzenposition. Viele, vor allem jüngere Menschen sind in den 16 Jahren seit der Wiedervereinigung abgewandert. Zwar floriert der Tourismus - aber nur in dem schmalen Streifen an der Ostsee-Küste.
Waren es die wirtschaftlichen Probleme, die der NPD den Erfolg bescherten? Oder verbirgt sich hinter dem Ergebnis für diese Partei doch ein rechtsextremes Potenzial, das sich nicht nur in jungen Männern mit Springerstiefeln manifestiert?
Der Inlands-Geheimdienst (Verfassungsschutz) hat in seinem jüngsten Jahresgericht festgehalten: "Fast 50 Prozent der rechtsextremistischen Skinheads und sonstiger gewaltbereiter Rechtsextremisten leben im Osten Deutschlands." Immer wieder kommt es zu Übergriffen gegen Ausländer. Mancherorts ist rechtsextreme Gewalt Alltag, auch wenn sich schwere Zwischenfälle nicht immer klar einstufen lassen.
Mit gezielten, teuren Kampagnen hatten Rechtsextremisten es schon in der Vergangenheit geschafft, im Osten bei Wahlen zu punkten. So hatte die NPD 2004 in Sachsen 9,4 Prozent der Stimmen geholt. Sie hatte damals der ebenfalls rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU) das Feld bei der Wahl in Brandenburg überlassen. Diese verbesserte sich dort auf 6,1 Prozent. Die DVU des Münchner Verlegers Gerhard Frey hatte 1998 in Sachsen-Anhalt sogar einmal 12,9 Prozent der Stimmen erreicht.
In Mecklenburg-Vorpommern gaben sich die NPD-Wahlkämpfer als Biedermänner. Dort haben sie schon länger Fuß gefasst. Jetzt wurden auch gezielt Erst- und Jungwähler angesprochen. Keinen Hehl machten die Rechtsextremisten aber daraus, dass es eine "revolutionäre Umwälzung des Systems" geben müsse. Neben den Forderungen nach sozialen Wohltaten stand genauso die nach Ausweisung aller Ausländer.
Doch Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen sieht bei den meisten, die dort an diesem Sonntag NPD gewählt haben, "kein gefestigtes rechtsradikales Weltbild". "Ihnen dient die NPD vor allem als Plattform, um ihre politische Unzufriedenheit auszudrücken", hielt Jung bereits kurz vor dem Wahltag fest.
Nach Ansicht der Wahl-Forscher ist die NPD umso mehr Protest- Partei, da in Mecklenburg-Vorpommern die Linkspartei/PDS durch ihre Beteiligung an der Landesregierung nur noch sehr begrenzt "als Auffangbecken für Unzufriedene" dienen könne. Die Reformkommunisten der PDS und Erben der DDR-Einheitspartei SED hatten sich im Nordosten wie in Berlin pragmatisch in die Koalition mit den Sozialdemokraten eingefügt, auch wenn sie sich immer wieder als Verfechter der sozial Schwachen profilieren wollten.
Der rechtsextreme Erfolg hat die demokratischen Parteien bestürzt. Noch ehe die Stimmen ausgezählt waren, kündigte Jugendministerin Ursula von der Leyen ein neues Programm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus an. "Die demokratischen Kräfte unserer Gesellschaft müssen hellwach sein", erklärte die CDU- Bundesministerin. Rechtsextremismus dürfe in Deutschland keine Chance haben. In diesem Jahr will die Bundesregierung wie im Vorjahr 19 Millionen Euro für Programme zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie bereitstellen.