Nun droht dem slowakischen AKW ein Baustopp - der Ball liegt bei der EU-Kommission.
Der "Aarhus Implementierungsausschusses" der Vereinten Nationen (UN) hat entschieden, dass beim Bau der Blöcke 3 und 4 des in umstrittenen slowakischen Atomkraftwerks Mochovce das Recht auf "Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltrelevanten Entscheidungen" verletzt wurde. In Österreich wurden daraufhin am Freitag Appelle laut, die vor allem die Europäische Kommission zum Handeln aufforderten.
Umweltminister Niki Berlakovich sagte, dass die Europäische Kommission im Zusammenhang mit dem Ausbau des Atomkraftwerks Mochovce "darauf drängen" müsse, "dass die Slowakei ihren Verpflichtungen nachkommt". "Die Entscheidung" des "Aarhus-Ausschusses" sei "ein klares Signal an die Europäische Kommission", so Berlakovich, "sie ist die Hüterin der Verträge."
Die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sei überhaupt erst auf Druck von Österreich zustande gekommen, betonte der ÖVP-Politiker in einer Aussendung. "Wir werden jedenfalls weiter bei der Europäischen Kommission die Klärung der offenen EU-Rechtsfragen einfordern. Ich gehe davon aus, dass die Kommission diese Entscheidung ernst nimmt."
Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima (S) nannte die aktuelle Entscheidung "eine Blamage für die Reaktor-Betreiber". Die EU-Kommission müsse endlich einschreiten. "Der geplante Weiterbau von Block 3 und 4 und die Genehmigungsverfahren sind völlig inakzeptabel", so Sima. "Die Kommission muss sich endlich ihrer Verantwortung zum Thema Sicherheit stellen, es ist unerträglich, wie sie bisher versucht, bei diesem Thema auf Tauchstation zu bleiben".
Das Thema hatte bereits im Vorjahr zu bilateralen Diskussionen geführt. So entschuldigte sich die slowakische Ministerpräsidentin Iveta Radicova bei ihrem ersten offiziellen Besuch in Österreich dafür, dass die slowakischen Behörden die grenzüberschreitende UVP für die Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des AKW Mochovce abgeschlossen hatten, ohne dass die österreichischen Sicherheitsbedenken ausreichend berücksichtigt worden seien.
Bundeskanzler Werner Faymann (S) hatte gegenüber Radicova Bedenken gegenüber dem 100 km von der österreichischen Staatsgrenze entfernten AKW zum Ausdruck gebracht und gefordert, dass Österreich in den Sicherheitsdialog voll eingebunden sei und alle Fakten zum Ausbau auch in Österreich auf den Tisch gelegt würden.
Seitens der Umweltorganisation Greenpeace hieß es am Freitag in einer Aussendung: "Die Entscheidung der UN-Konvention zeigt, dass das Ausschöpfen der rechtlichen Möglichkeiten zu Erfolg führen kann. Greenpeace hofft, dass die Entscheidung der UNO, Österreich, allen voran Umweltminister Berlakovich, aus seinem atompolitischen Dornröschenschlaf wachküsst."
Da es sich hier um einen Bruch europäischen Rechts handle, müsse Umweltminister Berlakovich sicher stellen, dass die Europäische Kommission hier gegenüber der slowakischen Regierung sofort einschreite. "Außerdem muss der Umweltminister bilaterale Verhandlungen mit der Slowakei über ein rasches Ende des AKW-Bau in Mochovce aufnehmen", hieß es aus dem Greenpeace-Büro.
"Global 2000" forderte "einen Baustopp des unrechtmäßigen Projekts, korrekte Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, sowie eine neue, rechtlich korrekt durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung". Die Europäische Kommission sei daher verpflichtet, die Einhaltung der Aarhus-Konvention durch die Mitgliedsstaaten zu überwachen und gegebenenfalls die Einhaltung des europäischen Rechts einzuklagen.
"Die EU-Kommission sollte sofort ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof einleiten", so "Global 2000", denn die unzureichende Bürgerbeteiligung stellt eine Verletzung der UVP-Richtlinie da. "Die slowakischen Gerichte sind nun am Zug, diesen Spruch in der Slowakei durchzusetzen", hieß es in einer Aussendung.
Das "Aarhus Convention Compliance Comitee" (ACCC) überwacht die Einhaltung der sogenannten "Aarhus-Konvention". Diese trat im Oktober 2001 in Kraft und garantiert den Zugang zu Informationen über die Umwelt sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltpolitischen Entscheidungen und die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen.