Ministerin entlassen
Regierung in Ungarn steht vor dem Ende
31.03.2008
Eine liberale Ministerin wurde entlassen - der Koalitionspartner droht mit dem Abzug aller Minister. Der Koalition in Budapest steht kurz vor dem Aus.
Die Fraktion des mitregierenden liberalen Bundes Freier Demokraten (SZDSZ) in Ungarn droht mit Rückzug seiner Minister und Staatssekretäre aus der Regierung. Grund ist die Entlassung von Gesundheitsministerin Agnes Horvath (SZDSZ) mit 30. April, die der sozialistische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany angekündigt hatte. Der Parteivorstand der Liberalen solle am Montagabend über den Austritt der SZDSZ-Politiker aus dem Kabinett entscheiden, erklärte SZDSZ-Chef Janos Koka laut der Nachrichtenagentur MTI.
Koka zufolge hat Gyurcsany mit diesem Schritt und seiner Rede am Samstag vor dem Vorstand der Sozialistischen Partei (MSZP) "praktisch die Zusammenarbeit mit den Liberalen gekündigt". Dabei habe sich der Ministerpräsident nicht mit dem Koalitionspartner über die Abberufung von dessen Ministerin abgestimmt.
Als "sehr ernste" Koalitionskrise bezeichnet der Budapester Politologe Zoltan Kiszely die Situation. Doch eine Abberufung von Ministern und Staatssekretären würde nur dann ein Aus für das Regierungsbündnis bedeuten, wenn der liberale Koalitionspartner die Regierungsvorlagen im Parlament nicht mittragen würde, so Kiszely´. Die Frage laute, ob es MSZP und SZDSZ gelinge, im kommenden Monat zu einer Einigung zu kommen.
Eine einvernehmliche Lösung sei eher wahrscheinlich, zumal sich die Liberalen angesichts niedriger Umfragewerte, einen Ausstieg aus der Koalition nicht leisten könnten, so Kiszely. Außerdem würden auch die SZDSZ-Minister (Wirtschaft, Umwelt, Gesundheitswesen) sicher nicht gerne abtreten.
Sollte sich das ungarische Parlament auflösen und Neuwahlen stattfinden, hätten die Liberalen derzeit keine Chance, die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in die neue Volksvertretung zu überwinden, erklärte der Politologe weiter. Die Liberalen müssten vielmehr von außen die Koalition mittragen - ohne die Möglichkeiten der Regierungsteilnahme. Der SZDSZ könnte auch mit dem oppositionellen rechtskonservativen FIDESZ-Ungarischer Bürgerverband für die Auflösung des Parlaments stimmen, nur "würde FIDESZ eine solche helfende Hand sicherlich nicht willkommen heißen". Die extrem Rechten unter den FIDESZ-Wählern würden dies sicher nicht begrüßen, meinte Kiszely.