Die US-Außenministerin ist in Israel eingetroffen und will die von Abbas ausgesetzten Gespräche fortsetzen. Unterdessen gibt es weitere Angriffe auf den Gaza-Streifen.
US-Außenministerin Condoleezza Rice ist im Rahmen ihrer Nahost-Mission am Dienstag in Ramallah mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas zusammengetroffen, um ihn zu ersuchen, die ausgesetzten Friedensgespräche mit Israel wieder aufzunehmen. Abbas hatte wegen der jüngsten israelischen Militäroperation im Gaza-Streifen die im Jänner begonnenen Gespräche sistiert. Israel hatte seine Operation "Heißer Winter" in der Nacht auf Montag beendet. Der Einsatz hatte die höchsten Opferzahlen seit dem Sechstagekrieg von 1967 gefordert. Bis Dienstag wurden 125 Tote gezählt.
Stillstand bei Friedensgesprächen
Auf Betreiben von
US-Präsident George W. Bush hatten Abbas und der israelische Regierungschef
Ehud Olmert Ende November bei der Nahost-Konferenz in Annapolis nach sieben
Jahren Stillstand neue Gespräche vereinbart, die nach den Vorstellungen von
Bush bis Ende des Jahres zu einem Friedensvertrag und einer
Zwei-Staaten-Lösung führen sollen. Abbas hat sich enttäuscht von den bisher
geführten Gesprächen gezeigt. Die Verhandlungen blieben ohne Ergebnis, weil
sich Israel einer Diskussion über Kernpunkte des Konflikts entziehe. Als
Probleme erwiesen sich die - im Widerspruch zu Annapolis - fortgesetzten
Baumaßnahmen Israels in Ostjerusalem und im Westjordanland und zum anderen
die nahezu täglichen Raketenangriffe militanter Palästinenser vom
Gaza-Streifen auf israelisches Gebiet. Der von der radikalen Hamas
beherrschte Gaza-Streifen entzieht sich allerdings der Autorität der
palästinensischen Regierung.
Die Botschaft Amerikas an die Palästinenser sei klar: Sie hätten "die Wahl zwischen Terrorismus oder einer politischen Lösung, die dazu führt, dass ein palästinensischer Staat friedlich und sicher an der Seite Israels existiert", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe, vor der Nahost-Reise von Rice. Vor ihrer Unterredung mit Abbas war die US-Außenministerin in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zusammengetroffen. Dabei wollte sie insbesondere das Problem des Waffenschmuggels aus Ägypten in den Gaza-Streifen zur Sprache bringen.
Olmert hatte am Montag betont, die Hamas-Führung solle derart geschwächt werden, dass sie den Gaza-Streifen nicht mehr länger kontrollieren könne. Auch Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, eine groß angelegte Invasion im Gaza-Streifen sei weiter möglich. Israel werde eventuell versuchen, das Regime der Hamas zu stürzen. Abbas erklärte dagegen seine Bereitschaft, zum Zustandekommen einer Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel beizutragen, um "dem Volk weitere Leiden zu ersparen". Der palästinensische Präsidentenberater Nabil Abu Rudeina machte Israel für den Abbruch der Kontakte auf allen Ebenen verantwortlich. Angesichts der israelischen "Aggression" seien Gespräche bedeutungslos geworden.
Weitere Luftangriffe
Die israelische Luftwaffe flog unterdessen
wieder Angriffe im Gaza-Streifen, dabei wurden mindestens zwei Palästinenser
getötet. Aus der Umgebung von Beit Hanoun im Norden des Gebiets wurde nach
Militärangaben eine Rakete abgefeuert, die in ein Haus in der israelischen
Negev-Stadt Sderot einschlug. Verletzt wurde dabei niemand.
Der israelische Staatspräsident Shimon Peres hatte der Hamas vorgeworfen, palästinensische Frauen und Kinder als lebende Zielscheiben zu missbrauchen. Hamas schieße absichtlich Raketen aus dicht bevölkerten Gebieten ab und nehme deshalb zivile Opfer in den eigenen Reihen in Kauf. Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, hat Israel auf seine völkerrechtlichen Verpflichtungen als Besatzungsmacht gegenüber der palästinensischen Bevölkerung hingewiesen. Israel habe die Pflicht, die Zivilisten in den von Palästinensern bewohnten Gebieten zu schützen, unterstrich die kanadische Juristin am Montag vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf. Die Vierte Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten verbietet die Abriegelung, die Ansiedlung der Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht auf besetztem Gebiet sowie Kollektivstrafen. In einem im Auftrag des UNO-Menschenrechtsrats erstellten Bericht hat der südafrikanische Experte John Dugard den palästinensischen Terrorismus als "unvermeidbare Folge" der israelischen Okkupation bezeichnet.