Chefideologe
Rote-Khmer-Nummer 2 angeklagt
21.09.2007
Der Stellvertreter des 1998 gestorbenen Pol Pots bekennt sich nicht schuldig: "Ich bin nicht brutal".
Das Sondertribunal für Kambodscha wirft dem früheren Chefideologen der Roten Khmer, Nuon Chea, Mord und Folter vor, wie aus der am Freitag in Phnom Penh veröffentlichten Anklageschrift hervorgeht. Der heute 82-jährige ehemalige Stellvertreter des verstorbenen Diktators Pol Pot war am Mittwoch im Westen des Landes verhaftet und vom Tribunal in Phnom Penh wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt worden.
Bestreitet Verbrechen
Der Verhaftete hat jegliche Verbrechen
gegen die Menschlichkeit abgestritten. "Wir hatten keinen direkten Kontakt
mit der Basis und wussten nicht, was dort vor sich ging", sagte Nuon Chea
bei der Vernehmung nach seiner Festnahme. Brutalität liege ihm, der früher
buddhistischer Mönch gewesen sei, fern, beteuerte er.
Ranghöchster noch lebender Offizier
Nuon Chea ist der
ranghöchste noch lebende Führer des von China unterstützten Terrorregimes,
dem zwischen 1975 und 1979 rund zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Das Pol-Pot-Regime wurde durch eine vietnamesische Militärintervention
gestürzt. Dem aus 17 kambodschanischen und 13 von den Vereinten Nationen
gestellten ausländischen Juristen bestehenden Sondergericht sind enge
Grenzen gesteckt. Angeklagt werden nur Spitzenvertreter des Regimes und
keine ausländischen Unterstützer oder Mitwisser. Andernfalls hätte die
Einsetzung des Tribunals im UNO-Sicherheitsrat an einem chinesischen Veto
scheitern können.
Ergab sich nach Tod Pol Pots
Die Anklage wirft Nuon Chea vor, als
Mitglied der Führung der Roten Khmer "Mord, Folter, Inhaftierung,
Verfolgung, Auslöschung, Deportation, gewaltsame Umsiedlung, Versklavung und
andere inhumane Akte" entweder geplant, angeregt, angeordnet oder
anderweitig unterstützt zu haben. Nuon Chea hatte sich 1998 nach dem Tod Pol
Pots im Rahmen einer Vereinbarung der Roten Khmer mit der Regierung ebenso
wie Ex-Außenminister Ieng Sary sowie der Staatschef der Roten Khmer, Khieu
Samphan, ergeben und lebte seither unbehelligt in einem bescheidenen
Holzhaus in der Region Pailin.
Angehörige der Intelligenz wurden ausgerottet
Die von China
unterstützten Roten Khmer herrschten mit brutaler Gewalt. Ihr Ziel war es,
das südostasiatische Land in eine kollektivistische Agrargesellschaft
umzuwandeln. Die Angehörigen der Intelligenz wurden systematisch
ausgerottet. Wegen der unvorstellbaren Massaker bekam das geschundene Land
den Beinamen "Killing Fields". Die vietnamesische Armee marschierte Ende
1978 in das Nachbarland ein, eroberte am 7. Jänner 1979 die Hauptstadt Phnom
Penh und stürzte das Schreckensregime. Die Roten Khmer zogen sich daraufhin
in den Dschungel zurück, behielten den UNO-Sitz und erhielten auch vom
Westen Hilfe. Sie führten einen verlustreichen Untergrundkrieg gegen die
Vietnamesen und das mit deren Hilfe installierte Regime in Phnom Penh. Erst
1991 kam es zur Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens, das die
Voraussetzung für eine UNO-Friedensoperation und demokratische Wahlen schuf.