US-General
Russischer Truppenabzug im "Schneckentempo"
18.08.2008
Russland will den Abzug nach eigenen Angaben heute abschließen, ein US- General zweifelt. Der UNO-Sicherheitsrat ist weiter zerstritten.
Der für Freitag angekündigte Abzug der russischen Armee aus Georgien geht nach Angaben des Oberbefehlshabers der US-Truppen in Europa nur sehr langsam voran. Nach seinen Informationen bewegten sich die russischen Soldaten "im Schneckentempo", sagte General John Craddock am Freitag in Tiflis. Ein Sprecher des georgischen Innenministeriums sagte, bisher gebe es keine Anzeichen für einen Rückzug. Im UNO-Sicherheitsrat konnten sich Russland und die westlichen Staaten am Donnerstagabend erneut nicht auf eine Resolution zum Kaukasus-Konflikt einigen.
Abzug hat begonnen
Die russische Armee erklärte unterdessen, der
Abzug habe begonnen. Nach Angaben von AFP-Journalisten waren in der Nähe der
georgischen Stadt Gori russische Truppenbewegungen in verschiedene
Richtungen zu beobachten. In der Ölstadt Poti im Westen des Landes zogen
sich demnach russische Soldaten aus besetzten Kasernen zurück.
Ausgenommen von dem Abzug sind etwa 500 Soldaten. Sie werden laut Serdjukow ab Freitag in der Früh in einer Pufferzone um die abtrünnige Region Südossetien Stellung beziehen, um wie international vereinbart Sicherheitsaufgaben wahrzunehmen.
Russischer Resolutions-Entwurf
Eine Sitzung des
UNO-Sicherheitsrats zum Kaukasus-Konflikt ging am Donnerstagabend in New
York nach zweistündigen Beratungen ergebnislos zu Ende. Russland kündigte
an, seinen vom Westen nicht unterstützten Resolutionsentwurf im Alleingang
zur Abstimmung zu stellen. Der russische Entwurf enthält nach eigenen
Angaben lediglich den EU-Friedensplan für den Kaukasus. Die westlichen
Staaten wollen in der UNO-Resolution auch die territoriale Integrität
Georgiens verankert sehen. Russland versteht sich als Schutzmacht der beiden
abtrünnigen georgischen Republiken Südossetien und Abchasien, in denen
mehrheitlich Russen leben. Diplomaten zufolge dürfte Frankreich nun seinen
vorliegenden Beschlussentwurf fallenlassen und stattdessen den russischen
Vorschlag um Punkte wie den Verweis auf die territoriale Integrität
Georgiens ergänzen.
US-Präsident George W. Bush warf Russland indes eine "Blockade" Georgiens vor. In einem Telefongespräch mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili forderte Bush neuerlich einen umgehenden Abzug der russischen Truppen aus Georgien. Solange die Krise in Georgien nicht gelöst sei, sei keine militärische Kooperation der USA mit Russland denkbar.
Beziehungen Russland-NATO eingefroren
Russlands Vertreter bei
der NATO, Dmitri Rogosin, bestätigte am Abend, dass Moskau die
Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsbündnis bis auf weiteres auf Eis gelegt
habe. Nach dem Beschluss der NATO-Außenminister, die Beziehungen zu Moskau
bis zum Truppenabzug aus Georgien einzufrieren, stellte Russland am
Donnerstag die militärische Zusammenarbeit bei Übungen mit der NATO "bis
auf weiteres" ein. Rogosin betonte jedoch, dass Russland die
Kooperation mit der NATO in Afghanistan aufrechterhalten werde.
Unmut in Georgien
Innerhalb der georgischen Bevölkerung wuchs am
Donnerstag der Protest gegen die Anwesenheit russischer Soldaten. In
mehreren Städten demonstrierten Bürger vor den Kontrollposten. Russische
Medien vermeldeten in der Früh den Abzug der Kampfeinheiten aus der
georgischen Stadt Gori. Mehrere Kolonnen überquerten der Agentur Interfax
zufolge die russische Grenze in Richtung der Teilrepublik Nordossetien.
Streben nach Unabhängigkeit
Neben Südossetien verstärkt
auch Abchasien seine Bestrebungen nach Unabhängigkeit. In der Hauptstadt
Suchumi forderten am Donnerstag mehr als 50.000 Demonstranten eine
internationale Anerkennung der einseitig erklärten Unabhängigkeit.
Langfristig wünschen Abchasien und Südossetien eine Aufnahme in die
Russische Föderation. Russische Medien halten es für möglich, dass der
Föderationsrat in Moskau Anfang nächster Woche die Unabhängigkeit der
Regionen anerkennt.
Foto (c) EPA