OLG Linz begründet Verlängerung der Auslieferungshaft mit Fluchtgefahr.
Das Oberlandesgericht Linz (OLG) hat die Beschwerde gegen die Auslieferungshaft des kroatischen Ex-Ministerpräsidenten Ivo Sanader (57) abgewiesen. Laut dem Beschluss von vorgestern, Dienstag, ist die Auslieferungshaft "längstens bis zum 18. März wirksam", erklärte der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Neher, am Donnerstag. Als Haftgrund nahm das OLG Fluchtgefahr an. Eine Verdunkelungsgefahr, wie von der Haftrichterin noch angenommen, bestehe nicht, hieß es.
Fluchtgefahr
Angesichts der massiven Anschuldigungen und der bei einer Verurteilung zu erwartenden Strafe in Kroatien sowie aufgrund der "Intensität des Fluchtanreizes" könne die Auslieferungshaft nicht durch gelindere Mittel ersetzt werden, steht in dem Beschluss. Laut OLG-Sprecher Günther Winsauer bestehe für Sanader aber die Möglichkeit, erneut einen Antrag auf Enthaftung zu stellen.
Mittlerweile wurde auch der nächste Termin festgesetzt, wann der Ex-Premier erneut von der österreichischen Korruptionsstaatsanwaltschaft zu den Geldwäsche-Vorwürfen einvernommen wird. "Avisiert wurde der 3. Februar", sagte Mediensprecher Friedrich König. Eine Videokonferenz wie bei der ersten Einvernahme am 23. Dezember findet nicht mehr statt. Die Ermittlungsbeamten und allenfalls ein Staatsanwalt werden diesmal nach Salzburg fahren und die Befragung entweder in der Justizanstalt oder in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft im Landesgericht Salzburg durchzuführen, erläuterte König.
In Salzburg in Haft
Der 2009 ohne Angabe von Gründen zurückgetretene Sanader sitzt seit 10. Dezember 2010 in der Justizanstalt Salzburg hinter Gitter. Er hatte Kroatien am 9. Dezember verlassen, kurz bevor seine parlamentarische Immunität aufgehoben wurde. Einen Tag später wurde er auf der Tauernautobahn in St. Michael im Lungau wegen Korruptionsverdachtes aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen.
Die Auslieferungshaft wurde am 27. Dezember um vier Wochen verlängert. Die nächste Haftprüfungsverhandlung war für 27. Jänner anberaumt worden. Dieser Termin ist nun entfallen. Als Gründe für die Verlängerung nannte damals die Haft- und Rechtsschutzrichterin des Landesgerichts Salzburg, dass weiterhin Flucht- und Verdunkelungsgefahr bestehe. Lediglich die Tatbegehungsgefahr sei weggefallen.
Vorwürfe
Die kroatische Justiz wirft Sanader gewerbsmäßigen Betrug, Amtsmissbrauch und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Durch dubiose Transaktionen über nahe stehende Firmen soll er das kroatische Staatsbudget um sechs Millionen Euro geschädigt haben. Das Geld soll unter anderem in Geheimfonds der heuten noch regierenden Partei Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) geflossen sein. In der Affäre wird auch in Österreich wegen Geldwäsche ermittelt. Eine angebliche Verwicklung in die Affäre der Kärntner Hypo Alpe Adria hat Sanader bestritten.
Neue Vorwürfe
In seiner Heimat gelangen nun immer mehr Details seiner angeblichen Machenschaften an die Öffentlichkeit. Bekannt wurde etwa nun, dass ein erfolgreicher kroatischer Geschäftsmann Sanader 2004 einen Luxus-BMW gekauft und in mehreren Anläufen größere Geldsummen, insgesamt 2,6 Mio. Kuna (351.589 Euro), übergeben haben soll.
Drei Jahre später habe sich Sanader angeblich vom Industriellen Robert Jezic ebenfalls einen BMW in Luxusausführung schenken lassen, berichteten kroatische Medien, unter anderem der Staatssender HRT, weiter. Ausgesagt haben soll das der ehemalige Zollchef und Ex-Schatzmeister der Regierungspartei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) gegenüber der Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft USKOK.
Aus welchen Gründen Sanader diese teuren Geschenke bekommen haben sollte, ist unklar. Medien spekulieren über "Geschäftsinteressen". Jezic ist selbst ein Beschuldigter in der Affäre um die mutmaßliche Schädigung des Staatsbudgets über Tarnfirmen um Sanader und sitzt in U-Haft.