Noch immer werden die Stimmen ausgezählt - aktuell liegt Premier Sanader leicht voran - die Auslandskroaten sind noch nicht berücksichtigt.
Die national-konservative Regierungspartei Kroatische Demokratische Union (HDZ) hat die Parlamentswahlen in Kroatien am Sonntag offenbar knapp gewonnen. Nach Auszählung aller in den zehn Hauptwahlkreisen abgegebenen Stimmen erhielt sie 61 Mandate. Die oppositionelle Sozialdemokratische Partei (SDP) legte demnach stark von 35 auf 56 Sitze in dem 153 Abgeordnete umfassenden Sabor zu.
Fünf-Prozent-Hürde
Sieben weitere Parteien scheinen den
Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Erste offizielle Ergebnisse
werden am Dienstagnachmittag bekanntgegeben. Das endgültige Wahlergebnis
einschließlich der Stimmen der Auslandskroaten soll am 5. Dezember
feststehen.
Die beiden Großparteien schnitten in den zehn Wahlkreisen mit 61 bzw. 56 Mandaten fast gleich ab. Allerdings erhielt die HDZ im elften Wahlkreis - in dem im Ausland lebende Kroaten gestimmt haben - weitere fünf Mandate und hat damit voraussichtlich insgesamt 66 Abgeordnete. Die SDP hatte im Gegensatz zur HDZ dort keine eigene Wahlliste. Sie kann aber fix mit den Mandaten der liberal-bürgerlichen Volkspartei HNS (7), der Regionalpartei IDS (3) und der bosniakischen SDA (1) rechnen. Insgesamt kann sich die SDP somit auf 67 Abgeordnete stützen.
Die Chancen des 53-Jährigen Ökonomen Ljubo Jurcic auf das Premiersamt sind also intakt, sofern sich zehn weitere Unterstützer im Parlament finden. Aufgrund eines parteiinternen Abkommens würde Jurcic und nicht der populärere Parteichef Zoran Milanovic die Regierungsgeschäfte führen. Elf Abgeordnete braucht auch Sanaders HDZ, um sich die notwendige Mehrheit von 77 Stimmen im Parlament zu sichern und damit erneut die Regierung zu bilden.
Mesic schaltet sich ein
Staatspräsident Stjepan Mesic hatte
noch am Sonntagabend erklärt, dass er nicht automatisch die stimmenstärkste
Partei mit der Regierungsbildung beauftragen wolle, sondern jene Partei, die
die Mehrheit im neuen Parlament und somit eine stabile Regierung garantieren
könne. Ohne die in einem Wahlbündnis mit der sozialliberalen HSLS
angetretene Bauernpartei (HSS) dürfte aber keine Regierung auskommen. Sie
hat sechs Mandate erhalten und ist damit drittstärkste Kraft.
Die weitere Mandatsverteilung ergibt sich nach dem inoffiziellen Ergebnis vom Montag wie folgt: Die regionale Kroatische Demokratische Vertretung von Slawonien-Baranja (HDSSB) erhält drei, die Sozialliberalen zwei und die rechtsextreme HSP (Kroatische Partei des Rechts) sowie die Pensionistenpartei HSU bekommen jeweils ein Mandat.
Glückwünsche von ÖVP
Glückwünsche an Sanader
kamen umgehend von der ÖVP und der Europäischen Volkspartei (EVP). "Ich
freue mich über den Wahlsieg, den die Schwesterpartei HDZ in Kroatien
errungen hat", sagte Vizekanzler und VP-Parteiobmann Wilhelm Molterer laut
Aussendung vom Montag nach Bekanntwerden von ersten Ergebnissen. "Der erste
Platz für die HDZ ist eine Bestätigung für den Reformkurs Sanaders", zeigte
sich auch Molterers Parteikollege, Ex-Bundeskanzler und VP-Klubobmann
Wolfgang Schüssel noch vor Feststehen des endgültigen Wahlergebnisses
erfreut. "Ich bin überzeugt, dass Kroatien bis 2009 Mitglied der EU werden
kann. Das ist gut für Österreich, gut für Kroatien und gut für ganz Europa."
"Kroatinnen und Kroaten haben mit den gestrigen Wahlen ein deutliches Votum der Zuversicht auf dem Weg zum gemeinsamen Europa abgegeben", befand Außenministerin Ursula Plassnik (VP). Sie forderte die neue Regierung auf, sich voll auf die anstehenden Reformen zu konzentrieren. Auch Bernd Posselt, außenpolitischer Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, fand lobende Worte: Sanader sei "ein großer europäischer Staatsmann, der Mut zu unbequemen Entscheidungen habe und dem Kroatien verdanke, dass es als einziges Kandidatenland gute Chancen besitze, noch in diesem Jahrzehnt der EU beizutreten."
Sechste Wahl seit 1991
Am Sonntag war in Kroatien zum sechsten
Mal gewählt worden, seit das Land 1991 aus der damaligen Bundesrepublik
Jugoslawien ausgetreten ist. Die Wahlbeobachter der Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten die Wahl in
einer Aussendung als "transparent und professionell". Die OSZE begrüßte den
"weiteren Fortschritt" Kroatiens auf dem Weg zu demokratischen Wahlen nach
OSZE-Standards.
Kroatien ist in zehn Wahlbezirke eingeteilt, in denen je 14 Abgeordnete gewählt wurden. Acht Abgeordnete stellen die nationalen Minderheiten. Auch für die im Ausland - vor allem in Bosnien-Herzegowina - lebenden Kroaten sind Parlamentssitze vorgesehen. Ihre genaue Zahl hängt von der Wahlbeteiligung der Auslandskroaten ab. Allerdings ist umstritten, ob die bosnischen Kroaten zur sogenannten "Diaspora" gezählt werden dürfen.