Knapp zwei Wochen vor den Kommunalwahlen ist der französische Präsident Nicolas Sarkozy wegen der Beschimpfung eines Messebesuchers in die Kritik geraten.
"Es ist unerträglich, dass der Präsident kein Vorbild abgibt", sagte Sozialisten-Chef François Hollande dem Fernsehsender Canal+.
"Das kann uns allen passieren"
Premierminister
François Fillon nahm Sarkozy in Schutz. "Das kann uns allen
passieren, wenn man so beleidigt wird", sagte Fillon. "Was zählt
ist Transparenz. Immerhin heuchelt er niemandem etwas vor", fügte er
hinzu. Sarkozy hatte am Samstag einen Besucher der Agrarmesse, der ihm nicht
die Hand geben wollte, als "armen Deppen" beschimpft, der "abhauen"
solle. Das im Internet verbreitete Video wurde mehr als eine Million Mal
angeschaut.
Kritik von der Polizeigewerkschaft
Die Polizeigewerkschaft
verwies auf eine Rede Sarkozys an die Sicherheitskräfte im vergangenen
November: "Sie sind Repräsentanten des Staates, Sie müssen ein Beispiel
geben. (...) Keine Duzereien, sondern Respekt. Ich weiß, dass Sie häufig
beschimpft werden, aber man geht gegen Rüpel nicht mit rüpelhaften Methoden
vor", sagte Sarkozy damals.
Was auf der Messe genau geschah
Frankreichs Präsident Nicolas
Sarkozy hat am Samstag bei seinem Rundgang über die Landwirtschaftsmesse in
Paris äußerst unschöne Worte mit einem Besucher ausgetauscht. Während der
Staatschef lächelnd durch die Menge ging und allseits Hände schüttelte,
sagte ein älterer Mann mit Brille plötzlich: "Oh nein, mich
nicht anfassen." Sichtlich erbost antwortete Sarkozy: "Dann hau'
doch ab!" Der Mann ließ jedoch nicht locker und fügte hinzu: "Du
beschmutzt mich." "Dann hau' doch ab, Du Blödmann",
sagte daraufhin der Staatschef.
Sehen Sie hier das Video:
Immer weniger vertrauen Präsidenten
Die Affäre bringt den
wegen schlechter Umfragen angeschlagenen Präsidenten weiter unter Druck. "Die
Menschen können das Gefühl bekommen, dass es (...) alle Franzosen sind, die
der Präsident beschimpft", sagte der Politologe Dominique Reynié.
Die Kommunalwahlen am 9. und 16. März gelten als wichtiger Test für die
Regierung. Nach einer Umfrage des Instituts Ifop vertrauen nur noch 38
Prozent der Franzosen dem Staatschef, gegenüber 69 Prozent im August 2007.
Dagegen hat Fillon das Vertrauen von 57 Prozent.
Prunkvoller Lebensstil sorgt für Missmut
Als Grund für die
Unbeliebtheit Sarkozys nennen die Franzosen den prunkvollen Lebensstil ihres
Präsidenten sowie sein Privatleben und das Zurschaustellen seines Glücks mit
der neuen Ehefrau Carla Bruni. Größte Sorge ist aber die schwindende
Kaufkraft. Dem Verbraucherinstitut INC zufolge sind die Preise wichtiger
Nahrungsmittel in Frankreich seit vergangenem November rasant gestiegen.
Eine Packung Nudeln koste bis zu 45 Prozent und Milch bis zu 37 Prozent
mehr, heißt es in der Studie, die diesen Dienstag veröffentlicht werden
soll. Sarkozy hatte im Wahlkampf versprochen, er werde ein "Präsident
der Kaufkraft".
"Er darf sich nicht wie irgendein Bürger benehmen"
Sarkozy
erleide diesen Popularitätsverlust, weil er seinen Pflichten nicht
nachkomme, sagte Hollande. "Er darf sich nicht wie irgendein Bürger
benehmen, er ist der Präsident der Republik." Der frühere
Premierminister Jean-Pierre Raffarin rief die UMP zur Geschlossenheit auf. "Wir
alle, UMP, Regierung, Premier, Minister, wir müssen den Präsidenten schützen."