Er ist der erste westliche Staatschef, der den Libanon nach der Wahl Sleimanes zum Präsidenten besucht. Sarkozy rief die Libanesen zum Frieden auf.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat bei seinem Staatsbesuch im Libanon die Libanesen zur Versöhnung aufgerufen. Alle politischen Gruppen im Land müssten sich dem Dialog verpflichten, sagte Sarkozy am Samstag nach einem Gespräch mit dem neuen libanesischen Präsidenten Michel Sleimane. Sarkozy sicherte der libanesischen Führung volle Unterstützung zu. Paris stehe voll hinter Präsident Sleimane und "allen Gruppen im Libanon". Gleiches gelte für die Europäische Union insgesamt.
Erster westlicher Staatschef im Zedernstaat
Es ist der erste
Besuch Sarkozys in seiner Funktion als Staatsoberhaupt im Libanon. Er ist
der erste westliche Staatschef, der von Sleimane, der am 25. Mai sein Amt
antrat, empfangen wurde. Die Wahl des christlichen Armeechefs zum
Präsidenten beendete im Libanon eine sechsmonatige Zeit ohne Staatschef.
Ursache der Krise war ein noch länger andauernder Streit zwischen
pro-syrischer Opposition und westlich orientierter Regierung über die
Machtverteilung im Land.
"Der Libanon kommt gerade aus einer großen Krise mit langen Monaten des politischen Stillstandes", sagte Sarkozy. Nun sei die Blockade endlich überwunden und die Chance für eine Versöhnung eröffnet. Zudem forderte Sarkozy eine völlige Aufklärung des Mordes am ehemaligen anti-syrischen Ex-Regierungschef Rafik Hariri, der 2005 getötet worden war.
Empfang am Airport
Sarkozy war auf dem Flughafen von Beirut von
Sleimane, dem anti-syrischen Regierungschef Fouad Siniora und dem
pro-syrischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri empfangen worden. Im Laufe
des Samstags wollte er politische Gespräche auch mit Repräsentanten der
pro-syrischen, radikal-islamischen Hisbollah führen. Ein zunächst geplanter
Besuch der UNO-Friedenstruppe UNIFIL Sarkozys wurde nach Angaben der
französischen Botschaft in Beirut aus Zeitgründen abgesagt. An seiner Stelle
werde Verteidigungsminister Herve Morin die im Süden des Landes
stationierten Soldaten besuchen, die die Grenze zu Israel beobachten.
Die anti-syrische Parlamentsmehrheit und die pro-syrische Opposition um die Hisbollah hatten erst Ende Mai eine 18-monatige Staatskrise im Libanon entschärft. Im 20. Anlauf hatte das Parlament als Kompromisskandidat Sleimane zum neuen Staatsoberhaupt bestimmt. Dieser beauftragte den bisherigen Regierungschef Siniora mit der Bildung einer Einheitsregierung. Sarkozy erklärte in einem Gespräch mit libanesischen Zeitungen, er hoffe, dass jetzt auch eine "neue Seite in den Beziehungen zwischen Frankreich und Syrien aufgeschlagen" werden könne. Voraussetzung dafür bleibe aber, dass die Verantwortlichen für die Ermordung Rafik Hariris bei dem geplanten Internationalen Tribunal zur Rechenschaft gezogen würden. Syrische Funktionäre stehen im Verdacht, hinter der Bluttat vom Februar 2005 zu stecken. Die frühere Ordnungsmacht im Libanon, die nach Massenprotesten nach dem Attentat ihr Militär aus dem Nachbarland abzog, bestreit das, versucht aber einen Prozess vor einem Internationalen Tribunal zu verhindern.
"Gang nach Canossa"
Die in Angouleme erscheinende
französische Zeitung "Charente Libre" sieht in ihrer Samstag-Ausgabe den
Beirut-Besuch Sarkozys in Begleitung auch von führenden
Oppositionspolitikern bis hin zu den Kommunisten als "Gang nach Canossa":
"Die Anwesenheit Sarkozys und all seiner Gäste heute in Beirut, diese
Demonstration der Einheit Frankreichs, erscheint lächerlich angesichts der
blutigen Brüche der libanesischen Gesellschaft. Sie ersetzt zudem keine
klare und entschlossene Politik", schreibt das Blatt. "Seit einem Jahr ist
die Haltung Frankreichs kaum erkennbar. Sie schwankt zwischen Versuchen der
Annäherung an Syrien und all ihren Rückschlägen, zwischen den
widersprüchlichen Initiativen Sarkozys und denen von Außenminister Bernard
Kouchner. Die Anwesenheit Sarkozys und seiner Gäste wird in Beirut nicht
vergessen lassen, dass die libanesische Präsidentenwahl zuallererst das
Ergebnis der Abkommen von Doha ist, an dem Frankreich nicht teilhatte. Und
dass dabei die von der Achse Damaskus-Teheran unterstützte Hisbollah als
Sieger hervorging, die ganz eindeutig nicht unsere Gunst hatte."