Terror-Prozess in D
Sauerland-Gruppe wollte Fanal wie 9/11
22.04.2009
Die "Sauerland-Zelle" plante ein Fanal wie 9/11. In Deutschland startete nun der Prozess. Vier Angeklagte müssen sich verantworten: Sie wollten zeitlich mehrere Autobomben zünden und möglichst viele US-Bürger töten.
Die Extremisten der "Sauerland-Gruppe" wollten nach Einschätzung der deutschen Bundesanwaltschaft mit ihrem Anschlagsplan ein Fanal ähnlich dem 11. September 2001 setzen. Ziel der vier deutschen und türkischen Angeklagten sei es gewesen, mit der Zündung mehrerer Autobomben eine öffentliche Wirkung vom Ausmaß des Angriffs auf das New Yorker World Trade Center zu verüben, sagte der deutsche Bundesanwalt Volker Brinkmann zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.
Vollbärte
Alle vier Angeklagten erschienen mit Vollbärten
vor Gericht. Adem Yilmaz provozierte die Richter offen, indem er sich
zunächst weigerte, die Gebetskappe abzunehmen oder sich zur Vereidigung der
Dolmetscher sowie beim Erscheinen des Gerichts nach Verhandlungspausen zu
erheben. Er wurde vom Vorsitzenden Richter Ottmar Breidling abgemahnt, der
sich schon in früheren Terrorismus-Prozessen einen Namen als harter
Verhandlungsführer gemacht hat. Yilmaz droht nun eine Ordnungsstrafe, über
die die Kammer am Donnerstag entscheiden will. Der auf zwei Jahre angesetzte
Mammut-Prozess findet unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen und begleitet
von einem massiven Polizeiaufgebot statt. Besucher wurden peniblen
Kontrollen unterzogen.
Die Angeklagten Fritz Gelowicz, Daniel Schneider, Yilmaz und Atilla Selek sollen im Herbst 2007 drei Autobomben-Anschläge in Deutschland geplant haben. Laut Anklage wollten sie zeitgleich in Kneipen, Diskotheken und auf dem US-Fliegerhorst Ramstein möglichst viele Amerikaner töten. Mit den Anschlägen wollten sie wohl die kurz darauf anstehende Entscheidung des Bundestags über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes beeinflussen. Die Anklage rechnet die Verdächtigen der extremistischen Islamischen Dschihad-Union (IJU) zu. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen bis zu 15 Jahre Haft wegen Mitgliedschaft in einer in- beziehungsweise ausländischen Terrorvereinigung sowie wegen der Vorbereitung von Anschlägen und der Verabredung zum Mord.
Hass auf die USA
Triebfeder der Angeklagten im Alter zwischen 23
und 30 Jahren sei ein abgrundtiefer Hass auf die USA als "größter Feind des
Islams" gewesen, erklärte die Bundesanwaltschaft. Die geplante Tat habe aber
auch der deutschen Gesellschaft gegolten. "Sie wollten ein deutliches und
medienwirksames Zeichen des Terrors setzen." Die Angeklagten hätten drei
Autobomben mit der gewaltigen Sprengmasse von jeweils 250 Kilogramm bauen
wollen und mit 150 Todesopfern gerechnet. Die jungen Männer hätten sich
schon in Deutschland radikalisiert und später Kontakt ins Ausland gesucht.
"Die Angeklagten waren Teil eines islamistischen, länderübegreifenden
Netzwerkes mit Kontakten nach Pakistan und Iran", sagte Brinkmann.
"Stehe nur für Allah auf"
Die Angeklagten nahmen
die Verlesung der Anklageschrift gefasst auf. Sie strichen sich immer wieder
über die Bärte und scherzten teils sogar mit Vollzugsbeamten. Yilmaz erhebe
sich aus religiösen Gründen nicht vor dem Gericht, sagte seine Verteidigerin
Ricarda Lang. "Ich stehe nur für Allah auf", rief er Richter Breidling zu.
Die Anklage beantragte eine dreitägige Ordnungshaft. Zur Person und zu den
Vorwürfen wollten sich die Angeklagten nicht äußern. Schneider will sich
seinem Verteidiger zufolge aber später zu dem Anklagepunkt äußern, er habe
einen Polizisten bei seiner vergeblichen Flucht erschießen wollen.
Nach einem Tipp eines US-Geheimdienstes hatten rund 600 deutsche Ermittler die Verdächtigen monatelang überwacht und beobachtet, wie sie sich rund 700 Kilogramm Wasserstoffperoxid beschafften. Diese Menge reicht zur Herstellung von etwa 550 Kilogramm Sprengstoff aus. Beim Aufkochen der Chemikalie, die auch für die Anschläge von Djerba, London und Casablanca verwendet wurde, nahm die Polizei die Männer Anfang September 2007 im Sauerland fest.