Neue Agentur
Schengen erhöht Druck für EU-Asylpolitik
25.01.2008
Eine neue EU-Agentur soll Standards bei der Anerkennung festlegen. Ein "elektronisches Reiseautorisierungssystem" ist geplant.
Die Fälle von "Asyltourismus" nach der Schengen-Erweiterung verleihen Forderungen nach einer einheitlichen EU-Asylpolitik neuen Schwung. Es gebe eine "große Unterstützung" für eine gemeinsame Asylpolitik, berichtete der amtierende EU-Ratsvorsitzende, Sloweniens Innenminister Dragutin Mate, am Freitag vom informellen EU-Innenministertreffen im Brdo bei Kranj (Krainburg). So soll eine EU-Agentur für Asyl eingerichtet werden, die gemeinsame Standards für die Anerkennung für Flüchtlingen ausarbeiten soll.
Tschetschenen kommen über Polen nach Österreich
Zahlreiche
in Polen lebende tschetschenische Asylbewerber hatten die Grenzöffnung vor
einem Monat genutzt, um in Österreich und Deutschland einen Asylantrag zu
stellen. In Österreich wird ein im EU-Vergleich äußerst hoher Anteil
tschetschenischer Asylanträge positiv erledigt. Allerdings sieht das
Abkommen von Dublin vor, dass Anträge immer von jenem Land behandelt werden
müssen, in dem sie zuerst gestellt wurden.
Gemeinsames europäisches Asylsystem
Die Minister seien auf
dem Weg zu einem europäischen Asylsystem "einen großen Schritt
weitergekommen", sagte Innenminister Günther Platter (V). Er zeigte sich
zuversichtlich, dass das Ziel eines einheitlichen EU-Asylverfahrens bis zum
Jahr 2010 erreicht werden könne, da es diesbezüglich "nur positive
Stellungnahmen" beim Ministertreffen gegeben habe.
Die künftige EU-Unterstützungsagentur für Asyl sei "ein wesentlicher Schritt" in diese Richtung, weil sie festlegen solle, die Bürger welcher Herkunftsländer grundsätzlich Asyl bekommen. Derzeit gebe es bei den Anerkennungsquoten zwischen den einzelnen EU-Staaten "sehr große Unterschiede", sagte Platter und bestimmte EU-Staaten werden im Flüchtlingsbereich stärker belastet als andere.
Derzeit noch unterschiedliche Behandlung in verschiedenen EU-Ländern
Auch
EU-Innenkommissar Franco Frattini beklagte, dass derzeit Flüchtlinge aus den
gleichen Herkunftsländern in verschiedenen EU-Staaten unterschiedlich
behandelt würden. Die neue Agentur solle zunächst nur "eine Plattform zum
Informationsaustausch" sein. "Sie wird nichts von Brüssel aus aufzwingen",
betonte er. Allerdings sei später geplant, auf Basis der ausgetauschten
Informationen eine gemeinsame Liste von Herkunftsländern auszuarbeiten,
deren Bürgern Asyl gewährt bzw. verweigert werde.
Positive Zwischenbilanz der Schengen-Erweiterung
Die EU-Politiker
hatten zum Auftakt ihres Treffens eine positive Zwischenbilanz der vor einem
Monat erfolgten Schengen-Erweiterung in Mittel- und Osteuropa gezogen und
darauf hingewiesen, dass es einzig im Asylbereich Probleme gegeben habe.
"Deshalb brauchen wir eine europäische Politik", betonte Frattini. "Wir
brauchen einen einheitlichen Rechtsraum auch für Asylbewerber", sagte auch
der luxemburgische Justiz- und Innenminister Luc Frieden.
Platter: Rückgang der illegalen Einwanderer in Österreich
Die
Befürchtungen, dass die Grenzöffnung zu einem Anstieg der Kriminalität und
der illegalen Einwanderung führen wird, hieß es. Platter betonte, dass die
Zahl der illegalen Einwanderer in Österreich sogar zurückgegangen sei. Mate
berichtete, dass allein Slowenien seit September mehr als 1700 im
Schengen-System verzeichnete Personen entdeckt, 140 gestohlene Autos
beschlagnahmt und über fünf Millionen Menschen überprüft habe. Frattini
sprach von "mehreren Hundert Verdächtigen", die durch die strengeren
Schengen-Kontrollen festgenommen oder an der Einreise gehindert worden
seien. Die Erweiterung sei "sehr erfolgreich" verlaufen. "Warum sind denn
unsere Nachbarn so besorgt über die Schengen-Erweiterung? Weil die
Kontrollen so scharf sind."
"Elektronisches Reiseautorisierungssystem"
Die
EU-Innenminister besprachen am Freitag auch die Einführung zusätzlicher
elektronischer Systeme zum Schutz vor illegaler Migration und Terrorismus.
Kommissar Frattini präsentierte einen Plan für ein "elektronisches
Reiseautorisierungssystem", das an die Stelle des jetzigen Visa-Systems
treten soll und sich vor allem gegen jene Ausländer richtet, die länger als
erlaubt in der EU bleiben.
Speicherung von Fluggastdaten
Dieses System soll zusätzlich zum
bereits im November präsentierten Plan für die Speicherung von Fluggastdaten
(PNR) kommen, der von Datenschützern massiv kritisiert wird. Frattini warb
jedoch am Freitag erneut für seinen Vorschlag. Nachdem die EU schon mit den
USA ein ähnliches Abkommen abgeschlossen habe, müsse sie sich nun auch um
die Sicherheit seiner eigenen Bürger kümmern. Mit den Daten soll vor allem
die Gefahr von Terroranschlägen gebannt werden, indem auf einen Flug
gebuchte Verdächtige rechtzeitig erkannt und ausgesondert werden. Frattini
sagte, das System soll "eine Minimalzahl an Daten" umfassen und wesentlich
weniger umfassend sein als das US-amerikanische.