EU-Gipfel in Brüssel: Der spanische Ex-Premier Felipe Gonzalez wird Chef des Weisenrates. Ex-Kanzler Schüssel wurde nicht gewählt.
Der sozialistische spanische Ex-Premier Felipe Gonzalez ist vom EU-Gipfel in Brüssel zum Chef des sogenannten "Weisenrates" ernannt worden. Wie Diplomaten am Freitag weiters mitteilten, wurden die lettische Ex-Presidentin Vaira Vike-Freiberga und der finnische Ex-Nokia-Chef Jorma Ollila zu Ko-Vorsitzenden des Gremiums bestellt. Die restlichen sechs Mitglieder der "Reflexionsgruppe" sollen bis März 2008 bestellt sein.
Der ehemalige Bundeskanzler und jetzige Klubobmann der ÖVP war als Vorsitzender des neuen Weisenrats ("Reflexionsgruppe") im Gespräch gewesen.
Idee von Nicolas Sarkozy
Der Weisenrat geht auf eine Idee von
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zurück. Entgegen dem Wunsch von
Sarkozy - einem Gegner eines EU-Beitritts der Türkei - enthält das Mandat
keinen ausdrücklichen Auftrag mehr, die künftigen Grenzen Europas zu
analysieren. Vielmehr soll über die Zukunft der EU nach 2020 nachgedacht
werden. Die Gruppe wird auch weder über institutionelle Fragen diskutieren,
noch über die Finanzierung der EU, stellt das Mandat klar. Die Analyse soll
zudem "keine Überprüfung der bisherigen Politik der EU"
sein.
Briten kritisieren EU-Weisen
Der britische Liberale Graham
Watson kritisierte die designierten "EU-Weisen" als "Vertreter
des alten Europa": "Wenn jemand irgendwann 'Jurassic Park' in der
Realität sehen wollte, dann ist diese Ernennung (von Gonzalez) genau das",
meinte der Chef der Liberalen-Fraktion (ALDE) im Europaparlament laut
Nachrichtenagentur Reuters. Der FPÖ-EU-Abgeordnete Andreas Mölzer
bezeichnete den Weisenrat in einer Aussendung als "Versorgungsstätte
für ausgediente EU-Bonzen".
Eines der zentralen Themen des EU-Gipfels war das Thema Kosovo. Die Mehrheit der EU-Staaten ist nach Worten von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) offenbar bereit, den Kosovo gemeinsam als unabhängigen Staat anzuerkennen. Die EU sei in der Kosovo-Frage "nicht gespalten", sondern es gebe "eine weitestgehende Einigkeit", betonte er. "Das ist die letzte ungelöste Statusfrage des 20. Jahrhunderts und dieses Problem des 20. Jahrhunderts werden wir jetzt, im 21., lösen."
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Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Präsident des EU-Parlaments, Hans-Gert Pöttering, haben die EU-Staaten aufgerufen, in der Frage des Kosovo "geschlossen" zu handeln. Die EU solle bei ihrem Zeitplan für einen unabhängigen Kosovo aber auch auf die serbischen Wahlen Anfang 2008 Rücksicht nehmen, forderte Pöttering.
Serbien bald offiziell EU-Kandidat
Die Europäische Union will
laut einem überarbeiteten Gipfelentwurf der portugiesischen
EU-Ratspräsidentschaft Serbien weiterhin bald einen offiziellen
Kandidatenstatus in Aussicht stellen. Die Union soll sich laut dem Text
zuversichtlich darüber zeigen, dass "Serbiens Fortschritt auf dem
Weg in die EU, inklusive Kandidatenstatus, beschleunigt werden kann".
Ohne direkten Hinweis auf das UNO-Kriegsverbrechertribunal wird Serbien in dem Entwurf aufgefordert, die "notwendigen Bedingungen" für die Unterzeichnung eines Annäherungsabkommens mit der EU zu erfüllen. Wegen mangelnder Zusammenarbeit Belgrads im Fall des flüchtigen mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic hat die EU das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit Serbien bisher nur paraphiert.
EU will Führungsrolle bei Kosovogesprächen
Die
Passagen zu Serbien stehen in einem Zusammenhang mit dem EU-Gipfelentwurf
zum Kosovo. Der Gipfel soll demnach "unterstreichen, dass die EU bereit
ist, eine führende Rolle bei der Stärkung der Stabilität in der Region zu
spielen und bei einer Lösung, die den künftigen Status des Kosovo definiert".
Außerdem soll der Gipfel die Bereitschaft der Union zur Intensivierung der
Vorbereitungen für eine zivile EU-Mission betonen. Der serbische
Außenminister Vuk Jeremic hat am Freitag einen eventuellen "Tauschhandel"
durch die Verknüpfung der Kosovo-Frage mit der EU-Annäherung Serbiens als "unanständiges
und sinnloses Angebot" zurückgewiesen.