Es gebe keinen "Polit-Einfluss", wehrte sich am Freitag Rainer Wieltsch, Aufsichtsratsvorsitzender des "Austrian Research Centers" in Seibersdorf gegen Vorwürfe. Liqiditätsprobleme wurden aber eingeräumt.
Der scheidende kaufmännische Geschäftsführer der Austrian Research Centers (ARC), Helmut Krünes, rechtfertigt die jüngst bekannt gewordenen Liquiditätsprobleme des Unternehmens unter anderem mit den guten Erfolgen der Seibersdorfer Forscher bei der Einwerbung von Fördermitteln.
"Solche Gelder fließen meist mit Verzögerung", sagte Krünes und erntete dafür heftige Kritik seitens der SPÖ. Jeder Briefmarkenverein habe eine bessere Planung, so SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien.
Die Probleme müssten lange bekannt sein, der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Rainer Wieltsch, solle endlich handeln, forderte Broukal. Es gehe nicht an, dass Krünes nun mit Ende des Monats "in Pension" gehe, entlastet werde und auch noch "Extra-Prämien" kassiere.
Heftige Kritik an Aufsichtsratsvorsitzenden
Rainer Wieltsch sei nicht in der Lage zu sehen, wenn er "kaufmännisch gelegt" werde, so Josef Broukal weiter. Ein Hauptproblem sei, dass Seibersdorf dem zuständigen Infrastrukturminister Hubert Gorbach (BZÖ) offenbar gleichgültig sei. Man lasse es zu, dass das Forschungszentrum zu einem "Exerzierplatz von BZÖ-Personalpolitik" geworden sei.
Für den früheren SPÖ-Wissenschaftsminister und Abgeordneten Caspar Einem ist mittlerweile "Feuer am Dach". Durch die ständigen Diskussionen sei mittelfristig auch die wissenschaftliche Kompetenz des größten heimischen außeruniversitären Forschungszentrums in Gefahr. Die Verunsicherungen könnten dazu führen, dass Wissenschafter abwandern, "und dabei gehen natürlich die besten zuerst", so Einem.
Handlanger des BZÖ
Wieltsch wies den immer wieder geäußerten Vorwurf des Partei-Einflusses auf das Forschungszentrum zurück. Auch bei der jüngsten Aufsichtsratssitzung sei klar geworden, dass es "Managementprobleme aber keine politischen Probleme" gebe. Mit der in der Vorwoche vom Betriebsrat gegründeten Initiative "Pro Forschung" kann der Aufsichtsratsvorsitzende nach eigener Auskunft wenig anfangen. Die Stellungnahme, die mittlerweile von zahlreichen Vertretern aus der Wissenschaft unterschrieben wurde, sei voll von "no-na"-Aussagen, die könne er, Wieltsch, auch unterschreiben.
Der Aufsichtsratsvorsitzende ist überzeugt, dass die Probleme spätestens mit der beschlossenen Neustrukturierung des Unternehmens bereinigt werden können. "Mir ist klar, dass die Wissenschafterbranche sichere Randbedingungen braucht, ich habe volles Vertrauen in die Geschäftsführung und das neue Management", so Wieltsch.
Wieltsch bestätigte die Ansicht von Helmut Krünes, dass das Überhandnehmen von geförderten Projekten in Seibersdorf zu den finanziellen Problemen geführt habe, es seien "Planungsfehler" passiert. Laut dem wissenschaftlichen Geschäftsführer Erich Gornik ist die Erfolgsquote der ARC bei der Einwerbung von geförderten Forschungsprojekten in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. "Wir haben bei EU-Projekten mittlerweile eine Erfolgsquote von rund 50 Prozent, zum Vergleich das renommierte deutsche Fraunhofer-Institut verweist auf 28 Prozent", so Gornik.
"So kann Erfolg auch zum Problem werden", sagte Krünes. Vor allem bei öffentlichen Auftraggebern lasse die Zahlungsmoral oft zu wünschen übrig und es komme zu Verzögerungen. Die ARC müssten so Geld gleichsam vorschießen. Krünes räumte ein, dass es bei der großen Anzahl an Aufträgen auch zu Problemen bei der Abarbeitung komme, einige Abschlüsse würden sich verzögern.
Vorwurf des Missmanagements
Auch das ist für Einem und Broukal ein klares Missmanagement. Das Management hätte jedenfalls rechtzeitig reagieren müssen. Broukal forderte das Management der ARC auf, nicht in jeder Aufsichtsratssitzung andere Zahlen vorzulegen. Nur so sei es möglich, dass aus "20 Millionen Überschuss" plötzlich "ein Fehlbetrag von zwei Millionen Euro" werde.
Die Liquiditätslücke wurde von den Wirtschaftsprüfern Hübner und Hübner ermittelt. Wieltsch kündigte an, die Probleme rasch beseitigen zu wollen. Man werde etwa von Kunden "schneller kassieren" und "Lagerbestände senken" müssen. Die Liquiditätsprobleme hätten nichts mit der Bilanz zu tun, das Unternehmen sei keinesfalls gefährdet.