Die bolivianische Region will finanzielle Unabhängigkeit vom Mutterstaat und eigene Streitkräfte - Das ergab das Referendum am Sonntag.
Die Mehrheit der Bevölkerung in der wohlhabenden bolivianischen Region Santa Cruz hat sich nach offiziellen Angaben mit großer Mehrheit für die Autonomie von der linksgerichteten Zentralregierung in La Paz ausgesprochen. Für das Autonomiestatut hätten bei dem Referendum am Vortag 84,2 Prozent gestimmt, teilte die regionale Wahlbehörde nach Auszählung von knapp 34 Prozent der Stimmezettel am Montag in der Regionalhauptstadt Santa Cruz weiter mit. Die Beteiligung an der Volksbefragung habe bei 64,2 Prozent gelegen. Damit bestätigten sich Prognosen vom Vortag.
Der Leiter der Wahlbehörde, Mario Parada, bezeichnete die Abstimmung als "erfolgreich und einen Triumph für die Demokratie". Er räumte jedoch ein, dass etwa 40.000 Bürger nicht an der Abstimmung teilnehmen konnten, weil Gegner des Referendums die Urnen und die Wahlzettel verbrannt hatten. Dies entspreche etwa 4,0 Prozent der Wahlberechtigten. Die Abstimmung war zum Teil von Gewalt und vom Vorwurf der Wahlfälschung überschattet worden.
Der linksgerichtete Präsident Evo Morales hatte das Referendum als "völligen Misserfolg" bezeichnet. Das amtliche Endergebnis werde es erst nach mehreren Tagen geben, teilte die Wahlbehörde in Santa Cruz mit.
Morales wollte mehr Rechte
Das Referendum war eine Reaktion auf
einen gescheiterten Verfassungsentwurf von Morales, der den Ureinwohnern
mehr Autonomie zugestehen und Präsident Evo Morales mehr Vollmachten
einräumen sollte. Die von Großgrundbesitzern dominierte Region Santa Cruz
wehrt sich aber gegen den wachsenden Zugriff der Zentrale auf ihre
Wirtschaft. Sie verfügt über die größten Gasvorräte des Landes und gilt als
Wirtschaftsmotor Boliviens, dem ärmsten Land in Südamerika.
Präsident rechnet anders
Der linksgerichtete Morales
bezeichnete das von ihm abgelehnte Autonomie-Referendum als "vollständigen
Misserfolg". Wer die 39 Prozent Nichtwähler, die Nein-Stimmen und die
ungültigen Stimmen zusammenzähle, komme auf 50 Prozent der Wahlberechtigten,
die nicht für die Autonomie gestimmt hätten, so der erste Indio-Präsident in
der Geschichte des Landes. Zudem sei die Abstimmung von Gewalt und Berichten
über Wahlfälschung überschattet worden.
Befragung nicht "rechtens"
Morales hatte die
Abstimmung schon davor für verfassungswidrig und das Ergebnis für irrelevant
bezeichnet. Sollte die Autonomiebewegung auch die Referenden in drei
weiteren Departements in den kommenden Wochen gewinnen, dürfte es der
Regierung nach Einschätzung von Beobachtern in La Paz schwer fallen, die
Ergebnisse zu ignorieren.
1 Toter, 20 Verletzte
Bei Zusammenstößen zwischen Gegnern und
Unterstützern des Referendums sollen mindestens 20 Menschen verletzt worden
sein. Ein älterer Mann starb, nachdem die Polizei Tränengas eingesetzt
hatte.
Mit dem Referendum vertieft sich die Spaltung Boliviens in arme und reiche Regionen. Im kommenden Monat wollen die drei wohlhabenden Provinzen Tarija, Beni und Pando ebenfalls über ihre Autonomie abstimmen.