Angeschossen

Slowakischer Premierminister: Wer ist Robert Fico?

15.05.2024

Der slowakische Premierminister Robert Fico ist am Mittwochnachmittag angeschossen worden. Aber wer ist der Mann überhaupt? 

Zur Vollversion des Artikels
© getty
Zur Vollversion des Artikels

Der slowakische Premierminister Robert Fico ist am Mittwochnachmittag angeschossen worden. Aber wer ist der Mann überhaupt?

Robert Fico ist Vorsitzender der von ihm gegründeten Partei "Smer" und seit 2023 zum dritten Mal Ministerpräsident der Slowakei. Das Amt hatte er bereits von 2006 bis 2020 und von 2012 bis 2018 inne. Der Premierminister gilt in der Slowakei als im "sozial-nationalen Kontext" verankert. Seit seiner Wiederwahl im vergangenen Herbst sorgt die Regierung des Linkspopulisten mit allerlei umstrittenen Entscheidungen für Aufsehen.

Öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt aufgelöst

So wurde Mitte April der öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalt RTVS aufgelöst. Zudem hatte Fico in der EU und der NATO im Wahlkampf mit der Ankündigung für Besorgnis gesorgt, der Ukraine keine Waffen mehr liefern zu wollen. Zuletzt versuchte der on politischen Gegnern als "russlandfreundlich" kritisierte Fico die Wogen etwas zu glätten. Im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung der Regierungen der Slowakei und der Ukraine in der Ostslowakei wurde eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Dabei sicherte Fico einem ukrainischen Amtskollegen Denys Schmyhal zudem Unterstützung bei den Bemühungen um einen möglichst baldigen EU-Beitritt zu.

Anfang Mai demonstrierten Tausende Menschen in Bratislava gegen die von Fico geführte Regierung. Aufgerufen dazu hatte die Oppositionspartei "Progressive Slowakei" (PS), die anderen Oppositionsparteien beteiligten sich daran im Gegensatz zu früheren Demonstrationen nicht. Der Protest richtete sich primär gegen die von der Regierung geplante Auflösung des öffentlich-rechtlichen Senders RTVS, aber auch gegen Eingriffe in das Pensionssystem. 

Fico: Einer der erfahrensten Politiker der Slowakei

Der 59-Jährige gilt als einer der erfahrensten Politiker der Slowakei. Er ist seit über 25 Jahren in der Politik des EU- und NATO-Landes aktiv, er ist nicht nur Gründungsvater, sondern auch der bisher einzige Vorsitzende seiner Partei, die seit ihrer Entstehung immer im Parlament vertreten war und drei Mal die Regierung bildete.

Der aus bescheidenen Verhältnissen in der westslowakischen Kleinstadt Topolcany stammende studierte Jurist hatte sich einst dank seiner Intelligenz und viel Ausdauer bis zur politischen Spitze der Slowakei durchgekämpft. Kurz vor der Wende trat der junge Strafrechtsexperte noch der Kommunistischen Partei bei, was ihm Kritiker bis heute immer wieder vorwerfen. Aus den Kommunisten wurde nach der Samtenen Revolution eine Partei der Demokratischen Linken (SDL), für die Fico 1992 einer der jüngsten Parlamentsabgeordneten war. Über sechs Jahre lang wirkte er auch als Vertreter der Slowakei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Mafiaverstrickungen, die der Fico-Partei vorgeworfen wurden, haben sich zwar bisher nicht bestätigt. Für Slowaken, die sich nach einem demokratischen Neustart der Slowakei sehnten, blieb aber Fico das Gesicht einer korrupten Slowakei, eines Systems, das schließlich bis zum Journalistenmord führte. Bei der Parlamentswahl 2020 wurde Fico mit seiner Smer vom selbsternannten "Kämpfer gegen die Mafia", Igor Matovič, abgesetzt und schien auf dem Weg in die politische Vergessenheit.

2009: Fico macht Kehrtwende in Rhetorik

Erst im Februar 2023 kam die Kehrtwende. Fico hat seine Rhetorik nach und nach verschärft, womit er sichtlich auf extremer ausgerichtete Wähler rechter Parteien zielte. Die Rechnung ging auf, zudem konnten seine Sozialdemokraten sogar einen Teil ihrer ehemaligen Wähler von der Hlas zurückgewinnen und waren plötzlich wieder im Aufwind.

Wiederholt stellte er sich im Wahlkampf gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, gegen eine Fortsetzung der EU-Sanktionen gegen Russland, die viele Slowaken als Ursache für teure Energie und ständig steigende Preise sehen. Wiederholt versicherte er, er werde das Land vor einer erneut aufkommenden Migrationswelle schützen. Fico werde die Slowakei unausweichlich auf Orban-Kurs bringen, warnten seine Widersacher. Andere Beobachter argumentieren, Fico sei vor allem ein Pragmatiker, dem voll bewusst ist, wie wichtig die Verankerung des Landes in EU und NATO ist. Und wie sehr Eurofonds der Slowakei helfen. Was er im Wahlkampf gesagt habe, sei eine Sache - seine tatsächliche Politik aus überlegtem Pragmatismus etwas ganz anderes.

 Privat ist Fico mit der Anwältin Svetlana Ficova verheiratet. Gemeinsam haben sie einen Sohn.
 

Zur Vollversion des Artikels