Nach Wahlniederlage
Sloweniens Premier erwägt Rücktritt
13.11.2007
Der slowenische Regierungschef Janez Jansa denkt nach dem Erdrutschsieg des Oppositionskandidaten Danilo Türk bei der Präsidentenwahl am Sonntag an Rücktritt.
Der seit Monaten unter massivem innenpolitischen Druck stehende slowenische Ministerpräsident Janez Jansa hat eineinhalb Monate vor dem Beginn des EU-Ratsvorsitzes Sloweniens mit Rücktritt gedroht. Angesichts der "Besorgnis erregenden" politischen Lage seien "alle Möglichkeiten offen, einschließlich des Rücktritts der Regierung", sagte der konservative Politiker am Dienstag im nordostslowenischen Ormoz. Die Präsidentenwahl am Sonntag, die der Linkskandidat Danilo Türk mit 68,22 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, sei zur "politischen Abrechnung" mit der Regierung gemacht worden, beklagte Jansa.
Wähler opferten Peterle
Der Erdrutschsieg Türks war von
dessen konservativem Gegenkandidaten Lojze Peterle und Politikexperten als
Denkzettel für die Mitte-Rechts-Regierung gedeutet worden. Die Wähler
"opferten" Peterle, um gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung zu
stimmen, sagte der Politologe Milan Balazic. Der Ex-Premier hatte
ursprünglich als haushoher Favorit gegen den politischen Quereinsteiger Türk
gegolten.
Alle Möglichkeiten offen
"Wir werden die Situation noch
analysieren, bereits jetzt kann ich aber sagen, dass alle Möglichkeiten
offen sind, einschließlich eines Rücktritts der Regierung", sagte Jansa in
seiner ersten Stellungnahme zur Präsidentenwahl. Die derzeitige politische
Lage erschwere der Regierung die Arbeit, "vor allem aber die Vorbereitungen
auf den EU-Ratsvorsitz", erläuterte der Premier seine
Rücktrittsüberlegungen. Jansa hatte bereits Ende August mit einer
Überraschungsaktion versucht, das Heft an sich zu reißen. Damals tauschte er
ohne vorherige Absprache mit den Koalitionspartnern drei Minister aus.
Regierung unter Druck
Seitdem ist die Regierung aber wegen ihrer
Wirtschaftspolitik weiter unter Druck geraten. Für besonderen Unmut sorgt
die hohe Inflationsrate von 5,1 Prozent. Die Gewerkschaften drohen für
Jänner mit Generalstreik, sollte die Regierung ihre Forderung nach höheren
Löhnen nicht unterstützen. Den Auftakt für die Gewerkschaftsoffensive soll
am Samstag eine Großkundgebung in Laibach bilden.
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Jansa hat zudem große Mühe, den Regierungskarren zusammenzuhalten. Die linkslastige Demokratische Pensionistenpartei (DeSUS) hat mehrfach mit ihrem Austritt aus der Vier-Parteien-Bündnis gedroht. Auch die konservative Slowenische Volkspartei (SLS) dürfte unter ihrem am Wochenende designierten neuen Chef Bojan Srot auf Distanz zum unpopulären Regierungschef gehen. Selbst der bisher engste politische Bündnispartner Jansas, die christdemokratische Partei "Neues Slowenien" des geschlagenen Präsidentschaftskandidaten Peterle, ließ jüngst Unmut erkennen.
Ordnungsruf
Jansas dramatische Aussagen dürften daher als
Ordnungsruf an die Koalitionspartner gedacht sein. Möglicherweise will er
aber auch die oppositionellen Sozialdemokraten (SD) zu einem
Regierungseintritt drängen, um die in allen Umfragen führende Partei vor der
Wahl ruhigzustellen.
Opposition kritisiert verantwortungslosen Jansa
Vertreter der
Oppositionsparteien kritisierten Jansas Ankündigung angesichts des nahenden
EU-Ratsvorsitzes als "verantwortungslos". Die Aussage zeige die
"Hilflosigkeit" der Mitte-Rechts-Regierung, sagte der Fraktionschef der
sozialliberalen Partei "Zares", Matej Lahovnik. Saso Pece von der
nationalistischen Slowenischen Nationalpartei (SNS) sprach von einem
"Bluff". SD-Fraktionschef Milan Potrc wies Spekulationen über einen
Regierungseintritt seiner Partei als "absolut voreilig" zurück. Seine Partei
werde aber "bestimmt zum Wohle Sloweniens entscheiden", fügte Potrc hinzu.
Koalitionspartner ungerührt
Jansas Koalitionspartner zeigten
sich ungerührt und rechnen nicht mit einem Ende der Koalition. Auch der
Fraktionschef seiner Slowenischen Demokratischen Partei (SDS), Joze Tanko,
betonte, dass Jansa lediglich eine Möglichkeit aufgezeigt habe. Die
Mitte-Rechts-Regierung hat im Parlament 49 der 90 Mandate, davon stellt die
SDS 29 Mandate. Nach der slowenischem Recht ist ein Sturz des
Regierungschefs nur möglich, wenn zuvor ein Nachfolger gewählt wird.
Keine Stellungnahme seitens der EU
Die EU-Kommission wollte zu
den Rücktrittsüberlegungen Jansa nicht Stellung nehmen. Dies sei eine
"interne Angelegenheit Sloweniens", sagte eine Kommissionssprecherin auf
entsprechende Fragen. Es sei allerdings bereits vorgekommen, dass eine
Regierung während einer EU-Ratspräsidentschaft zurückgetreten sei, konkret
in Italien im Jahr 1996.