Die EU zeigt sich besorgt über die Katastrophale humanitäre Situation in Somalia. UNO will allerdings noch keine Friedenstruppen entsenden.
Der Sonderbeauftragte der Europäischen Union für Somalia, Georges-Marc André, hat sich besorgt über die Eskalation der Gewalt in dem Land am Horn von Afrika gezeigt. Seit Jahresbeginn seien in den drei noch funktionierenden Krankenhäusern der Hauptstadt Mogadischu mehr als 5000 Menschen behandelt worden, die durch Kämpfe verletzt wurden, sagte André am Montag vor Journalisten in Nairobi. In Mogadischu gehen äthiopische Interventionstruppen, die die somalische Übergangsregierung stützen, gegen islamistische Milizen und Clans vor. Die Lage in Mogadischu sei äußerst angespannt, aus Sicherheitsgründen habe selbst das EU-Team nur zwei der noch funktionierenden Krankenhäuser besuchen können.
"Humanitäre Bedürfnisse enorm"
Auch am
vergangenen Wochenende hätten Einwohner verzweifelt versucht, die Stadt zu
verlassen, berichtete der EU-Beauftragte. "Die humanitären Bedürfnisse sind
enorm", sagte Angelini. Dies gelte nicht nur für Mogadischu, sondern auch
für die Flüchtlingslager im Süden Somalias und in der Landesmitte, wo sich
die EU schon seit Jahren am Bau von Brunnen, Unterkünften und an der
Versorgung der Flüchtlinge beteilige und in den vergangenen drei Jahren 40
Millionen Euro für humanitäre Maßnahmen bereitstellt habe. "Für
Hilfsorganisationen wird es zunehmend schwierig, von allen Konfliktparteien
als unabhängig betrachtet und akzeptiert zu werden", sagte Angelini.
90.000 Menschen verließen Mogadischu
Wegen der Gefechte
zwischen äthiopischen Truppen und islamischen Widerstandskräften verließen
nach Angaben des UNO-Flüchtlingshochkommissariats in den letzten zwei Wochen
etwa 90.000 Menschen Mogadischu oder wurden innerhalb des Stadtgebiets
vertrieben. Ende vergangener Woche waren bei Kämpfen mehr als 80 Menschen
getötet worden. Leichen äthiopischer Soldaten waren durch die Straßen
geschleift und von einem wütenden Mob mit Steinen beworfen. "Tod den
Aggressoren und ihren Strohmännern!", riefen Hunderte Menschen, unter ihnen
zahlreiche Frauen und Kinder. Die Regierung von Präsident Abdullahi Yusuf
Ahmed ist vollständig von äthiopischer Militärhilfe abhängig. Die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat den Konfliktparteien
"zügellose Kriegsverbrechen" vorgeworfen. Die äthiopischen Truppen und ihre
somalischen Verbündeten seien ebenso wie die Islamisten verantwortlich für
"massives Leiden der Zivilbevölkerung".
UNO gegen Entsendung von Friedenstruppen
In Anbetracht der
chaotischen Zustände hat sich UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon gegen die
Entsendung einer Friedensstreitmacht der Vereinten Nationen in das
ostafrikanische Bürgerkriegsland ausgesprochen. In einem in New York
veröffentlichten Bericht an den UN-Sicherheitsrat erklärte Ban Ki-moon,
unter den gegenwärtigen Bedingungen wäre die Stationierung von
Blauhelm-Soldaten in Somalia "keine realistische Option" und hätte keine
Chancen auf Erfolg. Der Generalsekretär empfahl, "andere Optionen" wie eine
"solide multinationale Streitmacht" auf der Basis einer "Koalition von
freiwilligen Ländern" in Betracht zu ziehen. Längerfristig könnte eine
solche dann bis zu einem Niveau ausgebaut werden, das einen Rückzug der
äthiopischen Interventionstruppen zulassen würde. Die Friedenstruppe der
Afrikanischen Union (AU), die ursprünglich einen Umfang von 8000 Mann haben
sollte, beschränkt sich auf nur 1700 Soldaten aus Uganda. Ihr Mandat läuft
mit Jahresende aus, die AU hat sich an die Vereinten Nationen gewandt und
sie aufgefordert, für einen Ersatz zu sorgen.