Die Regierung sei der Kopf der grassierenden Korruption.
Der scheidende kroatische Staatschef Stjepan Mesic hat zum Ende seiner Amtszeit eine Bombe platzen lassen. Die Regierung sei der Kopf der grassierenden Korruption, zitierten alle Zeitungen in Zagreb am Dienstag das Staatsoberhaupt. Die konservative HDZ-Partei habe unter ihrem langjährigen Vorsitzenden und Regierungschef Ivo Sanader ein Korruptionsnetz über das Land gespannt, das die staatlichen Institutionen lahmgelegt habe.
Systematische Korruption
Mit dem Regierungsantritt Sanaders 2003
bis zu dessen Rücktritt im Juli vergangenen Jahres habe "eine parallele
Kommandostruktur" das Sagen gehabt, kritisierte Mesic. Unter Ausschaltung
der Behörden sei systematisch staatliche Korruption abgewickelt worden.
Sanader war schon in den vergangenen Wochen zum Beispiel vom kroatischen
Nationalbankgouverneur beschuldigt worden, als politischer Pate die krummen
Geschäfte der bayerisch-österreichischen Hypo-Alpe-Adria-Bank ermöglicht zu
haben.
"Saustall ausmisten"
Sanaders Nachfolgerin Jadranka
Kosor hat ihren früheren politischen Ziehvater inzwischen spektakulär aus
der gemeinsamen HDZ ausschließen lassen und die Aufdeckung der
unübersehbaren Zahl an Korruptionsfällen begonnen. Das Ausmaß habe sie
erschreckt, sagte sie vor kurzem und erschien am Kostümrevers mit einer
Brosche in Besenform. Sie wolle den "Saustall ausmisten", wurde diese Geste
von den heimischen Medien interpretiert.
2 Dutzend Manager in Haft
Inzwischen sitzen fast zwei Dutzend
führende Manager in Haft. Ein Ex-Verteidigungsminister wird gerichtlich
ebenso für Korruption zur Rechenschaft gezogen wie ein freiwillig
zurückgetretener Vize-Regierungschef. Immer mehr rückt die Strafverfolgung
auch an Sanader als den einst mächtigsten Politiker im Land heran. Er sei
"der Kopf der Korruptionskrake" gewesen, die das Land fest im Griff hatte,
schrieb das Zagreber Magazin "Nacional".
Millionenboni
Sanader hatte die Direktoren der vielen
Staatsfirmen angewiesen, Werbung und Marketing der Firma eines Freundes zu
übertragen, haben inzwischen zahlreiche Manager berichtet. Wie die
Millionen-Einnahmen aufgeteilt wurden, ist offen. Mit starker politischer
Rückendeckung der alten Regierung konnten Staatsfirmen grotesk überteuerte
Anschaffungen machen, in gefälschten Bilanzen ihre Verluste verstecken und
ihren Direktoren Millionenboni zuschanzen.
"Gelegenheit macht Diebe"
Staatspräsident Mesic nahm
die amtierende Regierungschefin Kosor vor Angriffen in Schutz, sie habe als
enge Mitarbeiterin Sanaders vom Korruptionssystem wissen müssen. Er lobte
ihren Kampf gegen die Misswirtschaft. Doch alle Bemühungen werden nach
Überzeugung von Mesic nichts nützen, wenn Kroatien nicht neue und modernere
Gesetze erhalte. Denn das geltende Rechtssystem sei so angelegt, dass es
geradezu zu Übertretungen einlade - und "Gelegenheit macht Diebe", sagte
Mesic.