43 Delegationen hoben am Sonntag in Paris die Mittelmeerunion aus der Taufe. Die Union entstand auf Initiative Frankreichs.
Mehr als 40 Staats- und Regierungschefs kamen am Sonntag in Paris zusammen, um die vom französischen Präsidenten und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Nicolas Sarkozy angeregte Mittelmeerunion aus der Taufe zu heben. Die Erwartungen an das Prestigeprojekt Sarkozys sind hoch, nicht zuletzt weil sich eine Annäherung zwischen Libanon und Syrien abzeichnet und durch die Teilnahme von des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad an dem Gipfel erstmals Syrien und Israel wieder an einem Tisch sitzen.
Historisches Treffen: Syriens Präsident Assad (links) und Libanons Präsident Suleiman
Frankreich und Ägypten haben Vorsitz übernommen
Die
gemeinsame Präsidentschaft von Frankreich und Ägypten sei ein Symbol für die
neue Solidarität zwischen den Staaten südlich und nördlich des Mittelmeeres,
sagte der französische Präsident Nicolas Sarkozy zum Auftakt des
Gründungstreffens der Mittelmeerunion am Sonntag in Paris. So wie die
Europäer nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Gewalt überwunden hätten,
seien nun die Länder rund ums Mittelmeer gefordert, sich um den Frieden zu
bemühen, sagte Sarkozy. "Der europäische Traum und der Traum des
Mittelmeeres sind voneinander nicht zu trennen", sagte Sarkozy.
Hohe Ziele
Ziel des neuen Bündnisses ist unter anderem die
Säuberung des Mittelmeers, der Aufbau neuer Verkehrswege in Nordafrika sowie
ein gemeinsames Vorgehen gegen den Terrorismus. Ägyptens Präsident
Hosni Mubarak warnte vor einer Bevölkerungsexplosion in den Ländern südlich
Mittelmeeres. "Was wird dies für Folgen im Norden haben?", frage Mubarak und
warnte vor einer wachsenden Migrationsbewegung.
Gipfel alle zwei Jahre
In Zukunft soll es alle zwei Jahre einen
Gipfel der Chefs der 43 Teilnehmer geben, einmal im Jahr sollen sich die
Außenminister treffen. Die Co-Präsidentschaft neben dem französischen
EU-Vorsitz soll als erste Ägypten übernehmen. Die Details über den Sitz des
geplanten Sekretariats bzw. die Dauer der Vorsitzführung auf EU-Seite sind
nach Angaben von Diplomaten noch strittig und werden möglicherweise erst im
November geklärt.
Hintergrund ist die Unklarheit, ob der Lissabon-Reformvertrag nach dem Nein der Iren noch in Kraft treten wird. Für diesen Fall sollte der fixe EU-Ratspräsident gemeinsam mit dem Kommissionspräsidenten die EU bei den Gipfeln der Mittelmeerunion vertreten. Sollte der Lissabon-Vertrag nicht in Kraft treten, wäre die Außenvertretung üblicherweise Sache der Regierungschefs des jeweiligen EU-Vorsitzlandes.
Gusenbauer begrüßt Mittelmeerunion
Österreich begrüßt
nach den Worten von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) die französischen
Initiative, den Barcelona-Prozess auf eine neue Grundlage zu stellen. "Wir
befinden uns an einer ganz sensiblen Schnittstelle", sagte er am
Sonntag vor Beginn des Treffens der Staats- und Regierungschefs.
Gleichzeitig warnte Gusenbauer vor einer Kriegsgefahr im Iran. "Die
Situation ist gefährlich, man darf das nicht unterschätzen."
Union mit 800 Millionen Menschen
Die EU-Kommission will nach
Angaben von Ferrero-Waldner für die südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten im
Rahmen ihrer Nachbarschaftspolitik bis 2013 neun Milliarden Euro gemeinsam
mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) bereitstellen für Projekte wie
den Ausbau von Meeresstraßen im Mittelmeer, den Bau einer
grenzüberschreitenden Autobahn im Maghreb und die Sanierung des Mittelmeers.
Die Mittelmeerunion wird insgesamt 42 Staaten sowie die palästinensischen Autonomiegebiete umfassen und eine Bevölkerung von rund 800 Millionen Menschen haben. Von den Führern der Mittelmeer-Anrainerstaaten verweigerte einzig der libysche Revolutionsführer Muammar Gaddafi hat die Teilnahme.