Ergebnis der CSU-Tagung: Stoiber bleibt, aber er ist politisch erledigt. Der bayerische Rundfunk sendete versehentlich bereits einen politischen Nachruf.
Die Krise um die politische Zukunft des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zieht sich weiter hin. Die CSU-Landtagsfraktion vertagte am Dienstagabend nach rund zehnstündiger Krisensitzung in Wildbad Kreuth die Entscheidung über die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 auf einen Parteitag voraussichtlich im September. Damit beugten sich die rund 120 Abgeordneten nach einer kontroversen Debatte dem CSU-Chef. Zudem will sich Stoiber am Donnerstag mit seiner schärfsten innerparteilichen Kritikerin, Gabriele Pauli, treffen. Bei dem persönlichen Gespräch hofft der CSU-Chef auf eine Klärung der Probleme mit der Fürther Landrätin. Hingegen will Pauli will Stoiber bei dem Gespräch erneut zum Rückzug auffordern. Sie wolle dem Ministerpräsidenten erklären, dass und warum er den Rückhalt in der Bevölkerung verloren habe, sagte Pauli.
Rückendeckung für Stoiber
"Ich freue mich, dass
die Fraktion mir das Vertrauen ausgesprochen und absolute Rückendeckung für
meine Politik gegeben hat", sagte Stoiber. "Die gesamte Fraktion
steht hinter Edmund Stoiber", fasste Fraktionschef Joachim Herrmann das
Ergebnis der Sitzung zusammen. Stoiber will 2008 wieder als
CSU-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. "Sie wissen, dass ich wieder
antreten möchte, das aber nicht muss", sagte nach der 65-Jährige
der Sitzung. "Die Frage der Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2008 ist
offen", heißt es in der Erklärung der Fraktion. Stoiber soll die
Entscheidung noch vor dem Parteitag mit den Spitzen von Partei und Fraktion
aushandeln.
Erfolgreiche Politik für Bayern
Der Beschluss fiel damit
deutlich schwächer aus als eine Solidaritätserklärung des CSU-Präsidiums vor
zehn Tagen. Darin hatte es noch geheißen, man wolle mit Stoiber die "erfolgreiche
Politik für Bayern über 2008 hinaus" fortsetzen. Vor Beginn
der Krisendebatte am Dienstag hatte die Spitze der Landtags-CSU Stoiber
einen raschen Rückzug nahe gelegt.
Der Vertrauensbeschluss für Stoiber wurde nach Angaben Herrmanns "mit allgemeiner Zustimmung der gesamten Fraktion" gebilligt. Nach Angaben von Teilnehmern des Krisentreffens ergab sich allerdings kein einheitliches Meinungsbild in der Fraktion. Einige Abgeordnete wollten einen neuen Spitzenkandidaten erzwingen, andere mit Stoiber in die kommende Wahl gehen. "Es ist wirklich kein Bruch in der Fraktion entstanden", betonte Herrmann dennoch. Er wies Vorwürfe zurück, die Fraktion habe sich um eine vorzeitige Entscheidung gedrückt. Die ausführlichen Beratungen seien nötig gewesen, damit sich Fraktion und Stoiber ein Meinungsbild hätten machen können.
Beckstein als möglicher Nachfolger
Stoiber hatte am
Montagabend in Gesprächen mit der Fraktionsspitze erstmals angeboten, in
geraumer Zeit aus eigenen Stücken auf eine Kandidatur bei den nächsten
Landtagswahlen zu verzichten. Mit dieser Ankündigung habe Stoiber für eine
Lösung die "Tür einen Spalt breit geöffnet", sagte
Herrmann. Als möglicher Nachfolger wird vor allem der bayerische
Innenminister Günther Beckstein gehandelt, der sich dazu aber nicht konkret
äußern wollte. "In der Politik ist das Schöne, dass alles
möglich ist, aber auch das Gegenteil von allem", sagte Beckstein
am Rande eines EU-Ministertreffens in Dresden.
Berichte über Seehofers Privatleben
Für Aufregung sorgten
weiter die Berichte über das Privatleben von dem CSU-Vize und deutschen
Verbraucherminister Horst Seehofer. Über die Berichte herrsche in der
Fraktion "große Empörung", sagte Herrmann. Es dränge
sich der Verdacht auf, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung kein Zufall
war. Auch Stoiber kritisierte die Berichte scharf: "Ich halte das für
einen Angriff nicht nur auf Horst Seehofer, sondern auch für einen Angriff
auf mich und die CSU." Seehofer sei weiterhin "ein Alpha-Tier"
der CSU und komme weiter für Spitzenämter in Frage. Seehofer wird als
möglicher neuer CSU-Chef gehandelt. Der Minister sagte für Dienstag alle
öffentlichen Termine ab. Eine Ministeriumssprecherin sagte, Seehofer nehme
ganz normal seine Geschäfte wahr.
BR sendet versehentlich politischen Nachruf
Eine peinliche Panne
ist dem Bayerischen Rundfunk während seiner Live-Berichterstattung zum
Machtkampf von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und der
Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth unterlaufen. In der BR-Sendung "Rundschau
Extra" in der Nacht auf Mittwoch brachte die ARD-Anstalt bereits einen
politischen Nachruf auf Stoiber.
In dem Beitrag, der die Wartezeit bis zum Auftritt Stoibers vor den in Wildbad Kreuth versammelten Journalisten überbrückte, war der bayerische Landesvater bereits offiziell zurückgetreten. "Am Ende stolperte Stoiber über einen seiner Mitarbeiter" hieß es in dem Porträt im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre um die Fürther Landrätin Gabriele Pauli. Gegen Ende des Beitrags, der Stoibers Aufstieg und Fall dokumentierte, hieß es, Stoiber sei von seinem Amt zurückgetreten. In der Telefonzentrale der Sendeanstalt in München liefen daraufhin die Drähte heiß, wie eine Mitarbeiterin sagte.