Spitzelaffäre
Stoiber-Intimus muss den Hut nehmen
22.12.2006
Der Büroleiter des bayerischen Ministerpräsidenten soll das intime Privatleben der Landrätin Gabriele Pauli ausgeforscht haben.
Wegen massiver Spitzelvorwürfe gegen die Bayerische Staatskanzlei gibt einer der engsten Vertrauten von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sein Amt ab. Stoibers Büroleiter Michael Höhenberger habe um Entbindung von seinen Aufgaben gebeten, teilte die Staatskanzlei am Freitag in München mit. Die Fürther Landrätin und weithin bekannte Stoiber-Kritikerin Gabriele Pauli (CSU) beschuldigt den Stoiber-Vertrauten, bei einem Telefonat mit einem Parteifreund ihr intimstes Privatleben ausgeforscht zu haben. Stoiber ist wegen der Vorwürfe massiv unter Druck geraten.
Auf Grund der Auseinandersetzung sei die Ausübung seines Amtes nicht mehr möglich, betonte Höhenberger laut Staatskanzlei. Stoiber dankte Höhenberger für die Arbeit und betonte, er habe Vertrauen in dessen Erklärung. "Unabhängig davon darf es aber keine Zweifel an der korrekten Arbeitsweise gerade meines engsten Umfelds geben."
Vorwürfe zurückgewiesen
Pauli dagegen bekräftigte kurz
vor der Erklärung der Staatskanzlei, nicht Höhenberger, sondern Stoiber
müsse die Verantwortung übernehmen. Höhenberger ist seit drei Jahrzehnten
einer der engsten Weggefährten des Ministerpräsidenten und CSU-Chefs. Der
Beamte wies den Bespitzelungsvorwurf erneut zurück. Pauli betonte dagegen in
einer Stellungnahme, sie erwarte von der Parteiführung eine Geste des
Bedauerns.
Höhenbergers Gesprächspartner bei dem strittigen Telefonat stützte die Darstellung des Stoiber-Vertrauten. "Ausdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass das Telefongespräch von mir nicht als Bespitzelung aufgefasst wurde", teilte der Fürther Wirtschaftsreferent Horst Müller mit. "Aus persönlicher Verbundenheit mit der Landrätin habe ich diese ins Vertrauen gezogen, allerdings erst einige Wochen später am Rande einer Veranstaltung, weil ich der Sache keine besondere Bedeutung beigemessen habe."
Nach Darstellung Paulis erkundigte sich Höhenberger während des einstündigen Telefonats Anfang November sogar nach möglichen Alkoholproblemen und Männerbekanntschaften. Dabei habe der Stoiber-Intimus Müller ganz gezielt gefragt, ob man ihr etwas habe anhängen können, behauptet Pauli. Es sei offensichtlich darum gegangen, sie politisch mundtot zu machen.
"Gezielte Desinformation"
Höhenberger erklärte, das
Telefonat werde durch die ständigen öffentlichen Behauptungen von Frau Pauli
falsch und völlig übertrieben dargestellt. CSU-Generalsekretär Markus Söder
warf der Stoiber-Kritikerin am Freitag "gezielte Desinformation" und
Schädigung der Partei vor. "Frau Pauli muss jetzt endlich von ihrem Egotrip
runterkommen."
Pauli wollte im Verlauf des Tages ein Krisengespräch mit dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) führen. Der Chef der Nürnberger CSU will prüfen, wie die Spannungen abgebaut werden können. Höhenbergers berufliche Zukunft war zunächst unklar. Höhenberger werde an anderer Stelle seine Laufbahn fortsetzen und eine neue Aufgabe übernehmen, erklärte sein Dienstherr Stoiber.
"Versagen des Systems Stoiber"
Diese Schritte gehen
aber den Grünen in Bayern offensichtlich nicht weit genug. Sie fordern eine
persönliche Erklärung des CSU-Chefs. Stoiber müsse klarstellen, dass er
Mobbing durch die Staatskanzlei nicht dulde und künftig staatliches Handeln
von Parteiarbeit sauber trenne, sagte Fraktionschef Sepp Dürr am Freitag.
"Die ganze Affäre ist kein persönliches Versagen, sondern ein sichtbares
Versagen des Systems Stoiber." Die Grünen begrüßten zwar Höhenbergers
Amtsaufgabe. Dies reiche jedoch nicht aus.