Wenige Tage vor der Wahl wird Afghanistan durch den blutigen Anschlag erschüttert.
Fünf Tage vor der Präsidentenwahl in Afghanistan haben Aufständische das Hauptquartier der NATO-Schutztruppe in der Hauptstadt Kabul ins Visier genommen. Vor dem Tor des Geländes zündete ein Selbstmordattentäter am Samstagmorgen eine gewaltige Bombe in seinem Auto und riss mindestens sieben afghanische Zivilpersonen mit sich in den Tod. Mehr als 90 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Ein Sprecher der radikal-islamischen Taliban bekannte sich zu dem Anschlag und erklärte telefonisch, die Bombe habe 500 Kilogramm Sprengstoff enthalten.
Dutzende Verletzte
Nach der Explosion irrten blutüberströmte
Menschen in der Nähe des Tatorts umher. Über der Stadt stieg eine dichte
Rauchwolke auf. Unter den Verletzten waren den Behörden zufolge auch eine
Parlamentsabgeordnete, afghanische und ausländische Soldaten sowie mehrere
Kinder. Letztere versammeln sich regelmäßig vor dem Hauptquartier, um
Kaugummi und andere Waren an vorbeikommende Ausländer zu verkaufen. Die
meisten erlitten Verletzungen durch herumfliegende Glassplitter.
"Ich habe gerade in meinem Büro Tee getrunken, als sich plötzlich diese enorme Explosion ereignete", sagte der junge Afghane Abdul Fahim, der Verletzungen an den Beinen erlitt. "Ich habe mich auf den Boden geworfen, und dann habe ich überall die Opfer gesehen."
Schäden
Schutzbarrieren begrenzten offenbar die Schäden an
dem NATO-Gebäude, in dem auch der Oberkommandierende der Schutztruppe ISAF,
US-General Stanley McChrystal, seinen Sitz hat. Es befindet sich in
derselben Straße wie die US-Botschaft und der Präsidentenpalast. Allerdings
wurde eine gegenüberliegende Schutzmauer schwer beschädigt; die Reste des in
Stücke gerissenen Autos und die Wracks mehrerer anderer zerstörter Wagen
waren zu sehen. Der Angreifer habe nicht bis zur US-Botschaft vordringen
können, sagte ein Sprecher der Taliban-Rebellen.
Der Leiter der polizeilichen Ermittlungsbehörde bemaß die verwendete Sprengstoffmenge auf etwa 270 Kilogramm, also wesentlich weniger als von den Taliban angegeben. Gleichwohl galt die Menge als groß genug, um eine Verwicklung des Terrornetzwerks Al-Kaida zur Unterstützung der örtlichen Taliban zu vermuten.
Taliban
Die islamisch-fundamentalistische Taliban-Miliz hat
wiederholt damit gedroht, die Präsidentenwahl massiv zu stören. Die
Aufständischen haben die Bevölkerung aufgerufen, die Abstimmung zu
boykottieren. Auch ihre Angriffe im Süden und Osten verstärkten sich jüngst
und wurden auch verstärkt auf den Norden und Westen Afghanistans ausgedehnt.
Mit einem Anschlag auf das NATO-Quartier wollten die Taliban Beobachtern
zufolge offensichtlich demonstrieren, dass sie jederzeit zu Übergriffen auf
die Besatzungstruppen fähig sind. Immerhin musste der Attentäter drei
Kontrollstellen der Polizei durchfahren, um zu seinem Ziel zu gelangen.