Urteil der Richter könnte erst in einigen Monaten bekannt sein.
Die tschechischen Gegner des EU-Reformvertrages, eine Gruppe von Senatoren die großteils aus der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) bestehen, haben am Dienstag erneut einen Prüfantrag gegen das Dokument beim Verfassungsgerichtshof in Brünn eingereicht. Dies bestätigte der Beschwerdeführer und EU-kritische Senator Jiri Oberfalzer.
Lissabon-Vertrag
Mit dem neuen Prüfantrag scheint die endgültige
Ratifizierung des Lissabon-Vertrages
in Tschechien in die Ferne gerückt zu sein. Das Dokument wurde zwar schon
von beiden Parlamentskammern mit einer Verfassungs-Mehrheit
(Drei-Fünftel-Mehrheit, Anm.) angenommen, allerdings nicht vom EU-kritischen
Staatspräsident Vaclav Klaus unterzeichnet. Dieser hatte erklärt, er wolle
"der letzte in Europa" sein, der seine Entscheidung
in Sachen Reformvertrag trifft. Klaus hatte im Wissen, dass ein
wiederholter Prüfantrag erstattet wird, erklärt, er wolle auf das Urteil des
Verfassungsgerichtshofes warten.
Suprastaat?
Laut Oberfalzer solle der Verfassungsgerichtshof
jetzt "klar sagen", ob die EU eine internationale Organisation oder ein
"Suprastaat" sei. Falls sie sich als einen "Suprastaat" bezeichnen würde,
wäre eine eventuelle Übertragung von Vollmachten des tschechischen Staates
an die EU verfassungswidrig. Laut der tschechischen Verfassung könne man die
Kompetenzen nicht an einen anderen Staat übertragen. Eine weitere
umstrittene Frage sei die Position des Europäischen Gerichtshofes, der das
Recht habe, die Bestimmungen und Regeln der EU zu interpretieren. Die
Beschwerdeführer wollen klären lassen, ob es möglich wäre, den tschechischen
Verfassungsgerichtshof mittels des Europäischen Gerichtshofes umzugehen.
Bis zu 5 Monate
Aus dem Verfassungsgerichtshof in Brünn
verlautete unterdessen, dass die Richter "bis zu fünf Monate" für die
Erörterung der Klage benötigen. Einen ähnlichen Prüfantrag hatten die
ODS-Senatoren bereits im Frühjahr 2008 durchgesetzt. Nach sieben Monaten
kamen die Verfassungsrichter zu dem Schluss, dass es in den beanstandeten
Punkten keine Widersprüche zur Verfassung gebe. Die damalige Beschwerde
bezog sich auf andere Aspekte, als jene, die gegenwärtig vorbereitet wird.
Volksabstimmung in GB
In den vergangenen Woche bekam Klaus einen
weiteren Grund, sich mit seiner Entscheidung hinsichtlich des
Lissabon-Vertrages nicht zu beeilen. Im Sommer erhielt er einen Brief vom
Chef der britischen Konservativen David Cameron, in dem dieser geschrieben
habe, er werde nach seinem erwarteten Wahlsieg
in Großbritannien eine Volksabstimmung zum Lissabon-Vertrag
durchführen lassen, falls Klaus die Ratifizierung des Dokuments noch einige
Monate hinausschiebe. Klaus bestätigte unterdessen die Existenz des
Schreibens, über welches die britische Zeitung "Daily Mail" berichtete.