Demütigung
Türkei akzeptiert Israels Entschuldigung
14.01.2010
Die Regierung in Ankara fühlt sich als Siegerin.
Die türkische Regierung hat nach einem heftigen diplomatischen Konflikt eine offizielle israelische Entschuldigung für die öffentliche Demütigung des türkischen Botschafters in Tel Aviv akzeptiert. "Mit diesem Schritt ist das Problem für uns erledigt", zitierten Fernsehsender am Donnerstag Außenminister Ahmet Davutoglu. Nun könne aus seiner Sicht auch der für das kommende Wochenende vorgesehene Besuch des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak in Ankara stattfinden, sagte Davutoglu. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte angekündigt, dass er Barak nicht empfangen werde. Israelische Pressekommentatoren waren davon ausgegangen, dass es dem ultrarechten Außenminister Avigdor Lieberman darum gegangen sei, die Türkei-Reise Baraks, des Vorsitzenden der Arbeitspartei, zu torpedieren.
Für Behandlung entschuldigt
Vize-Außenminister Danny Ayalon
hatte sich am Mittwochabend in einem Schreiben für die Behandlung des
türkischen Missionschefs Ahmet Oguz Celikkol entschuldigt, nachdem der
türkische Staatspräsident Abdullah Gül den weiteren Verbleib des
Botschafters in Tel Aviv von einer Entschuldigung der israelischen Regierung
abhängig gemacht hatte. Nahezu die gesamte israelische Presse sprach von
einem "diplomatischen Fiasko" und übten Kritik am Verhalten der Regierung
von Premier Benjamin Netanyahu. Die Tageszeitung "Maariv" bezeichnete die
Entschuldigung als "Kapitulation". Nach Ansicht von "Haaretz" wird "das
türkische Volk weder verzeihen noch vergessen". Finanzminister Yuval
Steinitz gab zu, dass die Regierung "einen Fehler begangen hat". "Beim
nächsten Protest werden wir es anders machen", sagte der Vertraute
Netanyahus. Die oppositionelle Kadima verlangte von der Regierung "nicht nur
eine Entschuldigung beim türkischen Volk, sondern auch beim israelischen".
"Beispiellose Demütigung"
Auslöser des Streits war
eine von Israel als antisemitisch angesehene türkische Fernsehserie.
Celikkol, der deswegen ins israelische Außenamt zitiert worden war, sprach
von einer beispiellosen Demütigung, weil Ayalon ihn vor laufenden Kameras
absichtlich auf einem niedrigeren Stuhl Platz nehmen ließ und dabei die
anwesenden TV-Journalisten aufforderte, dies auch deutlich zu zeigen. Die
türkische Regierung kritisiert vor allem seit der vorjährigen Gaza-Offensive
scharf das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser. Außerdem verlangt
Premier Erdogan immer wieder, im Atomstreit des Westens mit dem Iran müsse
auch über israelische Atombomben verhandelt werden, die Israel vor der
internationalen Gemeinschaft versteckt halte. Erdogan hatte zuletzt bei
einer Begegnung mit dem libanesischen Premierminister Saad Hariri Israel als
"Gefahr für den Frieden" bezeichnet.
Barak will Risse kitten
Barak will bei seinem Türkei-Besuch
versuchen, die Risse zu kitten. Das NATO-Mitglied Türkei hatte im Vorjahr
ein Luftwaffen-Manöver mit israelischer Beteiligung in Zentralanatolien
kurzfristig abgesagt. Die israelische Regierung hatte auf diesen Schritt mit
großer Besorgnis reagiert. Ankara hatte indirekte Verhandlungen zwischen
Israel und Syrien vermittelt, die seit der israelischen Gaza-Offensive vom
Jänner 2009 unterbrochen sind. Vertreter der israelischen Regierung hatten
verlauten lassen, man sei an einer Wiederaufnahme der türkischen
Vermittlungstätigkeit nicht interessiert. Syrien verlangt die bedingungslose
Rückgabe der von Israel besetzten Golan-Höhen. Netanyahu hat erklärt, er sei
nicht bereit, das Gebiet aufzugeben. Außenminister Lieberman hatte Gespräche
mit Syrien praktisch ausgeschlossen, weil die Führung in Damaskus
"terroristische Organisationen" unterstützen und bewaffnen und dem Iran bei
dessen Atomprogramm den Rücken stärken würde.