Vorausgegangen war ein zweistündiger Beratungsmarathon. Eine endgültige Entscheidung fällt am Samstag in einer zweiten Lesung.
Das türkische Parlament hat am späten Mittwochabend in erster Lesung ein Ende des Kopftuch-Verbots an den Universitäten des Landes beschlossen. Von 514 Abgeordneten votierten nach seinen Angaben in der geheimen Abstimmung 401 für und 99 (dpa: 397 gegen 112) gegen die geplante Verfassungsänderung, sagte Parlamentsvizepräsident Nevzat Pakdil nach einem rund zwölfstündigen Beratungsmarathon. Damit sei die notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht. Am Samstag soll das Parlament in zweiter Lesung abschließend über die Verfassungsänderung entscheiden.
Niemandem das Recht auf höhere Bildung verwehren
Die
islamisch geprägte Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip
Erdogan und die nationalistische Partei MHP wollen den 10. und den 42.
Artikel der Verfassung ändern und damit die Freigabe des Kopftuchs
erreichen. In der geplanten Änderung heißt es in Bezug auf verschleierte
Frauen, niemandem dürfe "das Recht auf höhere Bildung" verwehrt werden. Die
sozialdemokratische Opposition lehnt die Freigabe mit der Begründung ab,
diese untergrabe das säkulare Fundament des türkischen Staats.
Das Kopftuch ist seit einem Urteil des Verfassungsgerichts Ende der 80er Jahre an den Hochschulen verboten; die Richter interpretierten das Kopftuch damals als anti-laizistisches Symbol.
Hunderttausende demonstrierten
Mehr als 100.000 Menschen hatten
erst kürzlich in der Hauptstadt Ankara gegen eine Abschaffung des
Kopftuchverbots protestiert. Unter den Demonstranten waren zahlreiche
Frauengruppen. Die oppositionelle Republikanische Volkspartei CHP will das
Verfassungsgericht anrufen, falls die Änderungen vom Parlament verabschiedet
werden sollten.