Der autoritär regierende Staatschef nannte sich selbst "Vater aller Turkmenen". Er starb 66-jährig an Herzversagen.
Nach mehr als zwanzig Jahren autoritärer Herrschaft ist der turkmenische Präsident Saparmurat Nijasow in der Nacht auf Donnerstag gestorben. Der 66-Jährige, der sich mit einem Personenkult umgeben hatte und sich selbst "Turkmenbaschi" (Vater bzw. Führer aller Turkmenen) nannte, sei einem plötzlichen Herzstillstand erlegen, berichtete das turkmenische Staatsfernsehen. Die Beerdigung Nijasows wurde für Sonntag angesetzt. Die turkmenische Regierung verhängte eine Staatstrauer von sieben Tagen, bereits am Donnerstag blieben sämtliche Schulen und Universitäten des Landes geschlossen. Die offiziellen Neujahrsfeierlichkeiten wurden von den Behörden abgesagt.
Übergangspräsident ernannt
Interimistisch soll
Vize-Regierungschef Gurbanguly Berdymuchammedow die Amtsgeschäfte führen.
Nijasow selbst hatte zu keiner Zeit einen Nachfolger aufgebaut. Laut
Verfassung muss spätestens zwei Monate nach der Einsetzung eines
Interimspräsidenten ein neuer Staatschef bestimmt werden. Bereits am 26.
Dezember soll der so genannte Volksrat in einer außerordentlichen
Versammlung über einen Nachfolger Nijasows beraten. In dem Gremium sitzen
mehr als 2.500 Delegierte.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow äußerten in Moskau die Hoffnung auf einen friedlichen Machtwechsel, um die Stabilität in Zentralasien nicht zu gefährden. Sowohl Russland als auch die EU hätten ein "sehr dringendes Interesse daran", dass Zentralasien stabil bleibe und sich von dem Einfluss der südlichen Nachbarn Afghanistan und Iran freihalte, sagte Steinmeier. Er hatte erst Anfang November als erster Außenminister der EU alle fünf zentralasiatischen Länder besucht.
EU plant Zentralasien-Strategie
Deutschland will als
EU-Ratspräsident im ersten Halbjahr 2007 eine neue Zentralasien-Strategie
einleiten, die Europa politischen und wirtschaftlichen Einfluss in der
Region sichern soll. Zentralasien gilt wegen seiner Rohstoffe und der
Nachbarschaft zu Krisenherden wie Iran und Afghanistan als Schlüsselregion
für die Bemühungen um Stabilität.
Die türkische Regierung drückte ihre Trauer über den Tod von Nijasow aus. Es sei nun wichtig, dass Turkmenistan nicht in Chaos versinke, sagte Außenminister Abdullah Gül. Politische Beobachter erwarteten jedoch Machtkämpfe und chaotische Zustände. Vertreter der turkmenischen Opposition im Exil kündigten ihre Rückkehr nach Turkmenistan an. "Wir werden in zwei, drei Tagen mit dem Flugzeug zurückkehren", sagte der Chef der Republikanischen Partei, Nurmuhammed Chanamow, in Moskau.
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international forderte, Turkmenistan müsse zu einem System finden, das auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten basiere. Alle gewaltlosen politischen Gefangenen müssten unverzüglich freigelassen werden.
Menschenrechtsverstöße
Nijasow stand 21 Jahre lang an
der Spitze der zentralasiatischen Republik, die bis 1991 zur Sowjetunion
gehörte. Er regierte das Land mit harter Hand und umgab sich mit einem
zunehmend bizarren Personenkult - u.a. wurde der Monat Jänner nach ihm
benannt. Seit 1999 herrschte er als Präsident auf Lebenszeit. Obwohl
Turkmenistan über fünf Prozent der weltweiten Erdgasreserven verfügen soll,
ist es eines der ärmsten Länder der ehemaligen Sowjetunion. Das Land steht
wegen massiver Verstöße gegen Menschen- und Bürgerrechte seit langem in der
Kritik.