Rangun
UN-Gesandter trifft Junta-Chef in Burma
27.09.2007
Ibrahim Gambari wurde von General Than Swe empfangen. Im Zuge der Unruhen sollen rund 4000 Menschen verhaftet worden sein.
Der UN-Gesandte Ibrahim Gambari ist am Dienstag mit dem burmesischen Militärherrscher Than Shwe zusammengetroffen. Das Gespräch fand nach Angaben eines ausländischen Diplomaten am abgelegenen Regierungssitz Naypyitaw statt. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Vor dem Treffen wurde Gambari zu einer Kundgebung zur Unterstützung der Militärregierung gebracht. Der Vizeaußenminister Burmas, Kyaw Thu begleitete ihn.
Zehntausende Menschen
Dort versammelten sich auf einem Sportplatz
Zehntausende Menschen. Sie hörten einem Redner zu, der von einem neuen
politischen System sprach, das in Burma errichtet werden solle. Gambari
blieb nur etwa zehn Minuten bei der Veranstaltung und machte sich dann auf
den Weg nach Naypyidaw, wo er von General Than Shwe empfangen wurde.
Junta soll friedliche Protest zulassen
Gambari wollte die Junta
auffordern, die Unterdrückung friedlicher Proteste zu beenden, Inhaftierte
freizulassen und demokratische Reformen einzuleiten, erklärte ein weiterer
UN-Sprecher, Farhan Haq.
Japan protestiert und stellt humanitäre Hilfe ein
Der
stellvertretende japanische Außenminister Mitoji Yabunaka protestierte nach
Angaben seines Ministeriums in Burma gegen den Tod eines japanischen
Journalisten während einer Demonstration in der vergangenen Woche. Bei der
Demonstration hatten Soldaten mit automatischen Waffen in die Menge
geschossen. Zugleich habe Yabunaka ein Treffen mit Oppositionsführerin Aung
San Suu Kyi gefordert.
Die japanische Zeitung "Yomiuri" berichtete am Dienstag, die Regierung in Tokio habe grundsätzlich beschlossen, neue humanitäre Unterstützung für Burma auszusetzen. Darüber würden einige Hilfsprojekte ausgesetzt. Japan ist das größte Geberland für Burma.
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Nach seiner überraschenden Zusammenkunft mit der unter Hausarrest stehenden Symbolfigur der burmesischen Demokratiebewegung, Aung San Suu Kyi, hat sich der stellvertretende UNO-Generalsekretär Ibrahim Gambari um Gespräche mit der herrschenden Militärjunta bemüht. Staatschef Generalissimus Than Shwe werde den Nigerianer am (morgigen) Dienstag in der neuen Hauptstadt Naypyidaw empfangen, verlautete aus Diplomatenkreisen. Der Sondergesandte der Vereinten Nationen hatte auf ein Treffen schon am Montag gehofft, wurde aber stattdessen zu einem Seminar über die Beziehungen der EU zu Südostasien gebracht.
"Zerstörer" versuchen Burma instabil zu machen
Während
des Besuchs von Gambari in der Metropole Rangun wurden dort etwa 20.000
Soldaten und Polizisten stationiert. Hunderte Menschen wurden festgenommen.
Die Behörden machten am Montag teilweise ausländische Regierungen für die
Krise im Land verantwortlich. "Zerstörer" aus dem In- und
Ausland versuchten, konstruktive Bemühungen seitens der Regierung und des
Volkes zunichtezumachen und Instabilität hervorzurufen, schrieb die
staatliche Zeitung "The New Light Of Myanmar".
Suu Kyis glaubt nicht an Wirkung von Gambaris Besuch
Suu Kyis
Nationale Liga für Demokratie (NLD) äußerte sich wenig optimistisch darüber,
dass Gambaris Besuch viel ausrichten könnte. Parteisekretär U Lwin erklärte
dem Sender Radio Free Asia, er betrachte den Gesandten als Unterhändler, der
Botschaften weitertransportieren könne, aber nicht die Befugnis habe, eine
dauerhafte Vereinbarung zu erzielen.
Thailand glaubt nicht an Änderung der Junta-Haltung
Nach
Auffassung der thailändischen Führung ist die burmesische Junta nicht zu
einer Haltungsänderung bereit. "Die burmesischen Führer haben
ihren eigenen Standpunkt, von dem sie voraussichtlich nicht abrücken werden",
erklärte der thailändische Militärchef General Sonthi Boonyaratglin am
Montag in einem Fernsehinterview. Er zeigte sich skeptisch bezüglich der
Möglichkeit eines Erfolgs internationaler Druckausübung auf die Machthaber. "Die
gegenwärtige Bewegung (gegen die Junta) wird an Intensität verlieren, und es
ist wenig wahrscheinlich, dass sie zu irgendeiner Änderung führen kann",
sagte der General, der den Putsch vom 19. September 2006 gegen den
thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra angeführt hatte.
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Rund 4.000 buddhistische Mönche sollen in der vergangenen Woche im Zuge der Niederschlagung der Protestbewegung gegen die Militärjunta in der burmesischen Millionenmetropole Rangun (Yangon) verhaftet worden sein. Sie sollen in den kommenden Tagen in Haftanstalten im Norden Burmas (Myanmar) verlegt werden, meldete der britische Sender BBC nach Angaben der spanischen Nachrichtenagentur EFE.
Mönche in schlechtem Zustand
Berichten des burmesischen
Radios zufolge befinden sich viele Mönche in einem sehr schlechten Zustand.
Ihrer Kleidung beraubt und gefesselt würden sie die Nahrungsaufnahme
verweigern.
Unterschiedliche Opferzahlen
Seit Beginn der Niederschlagung der
Protestbewegung am 26. September sind mindestens 16 Personen ums Leben
gekommen, darunter zwei Ausländer. Die Opferzahlen könnten nach Angaben der
Opposition aber weitaus höher sein. Sie beschuldigt die Junta, sie habe
Dutzende Leichen verschwinden lassen.
Unterdrückung wird fortgesetzt
Unterdessen setzt das Regime
die Unterdrückung der Demokratiebewegung in den wichtigsten Städten des
Landes fort. Die Sicherheitskräfte unterbinden alle Versuche,
regierungsfeindliche Demonstrationen zu organisieren.
Geld für Pro-Regime-Kundgebungen
Der oppositionelle
Radiosender Mizzima berichtete, Soldaten würden die Armenviertel von
Mandalay, der zweitgrößten Stadt Burmas, auf der Suche nach Personen
durchstreifen, die gegen Geld an Kundgebungen für das Regime teilnehmen
wollen. Mitglieder paramilitärischer Verbände wie die "Vereinigung für
Entwicklung und Solidarität der Union" sollen demnach 3.000 Kyat (rund 1,5
Euro) dafür bieten.
ASEAN drückt Abscheu aus
Die Südostasiatische
Staatengemeinschaft (ASEAN) drückte in einem Brief an Than Shwe ihre Abscheu
gegenüber dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten aus. Die
Konfrontation werde schwere Konsequenzen nicht nur für Burma selbst, sondern
auch für die ASEAN (der Burma seit 1997 angehört) und die gesamte Region
haben, erklärte die Regierung des gegenwärtigen Vorsitzlandes Singapur. In
Straßburg verurteilte der Europarat die "entsetzliche und
ungerechtfertigte Gewalt der Militärjunta". Die Parlamentarier aus
den 47 Europaratsländern sprachen ihre Unterstützung und Solidarität "für
alle demokratischen Kräfte des Landes, für die Mönche und Aung San Suu Kyi"
aus.
Entschuldigung bei Japan
Unter den Todesopfern ist auch der
japanische Journalist Kenji Nagai. Burmas Außenminister Nyan Win
entschuldigte sich am Rande der UN-Generalversammlung in New York bei seinem
japanischen Amtskollegen Masahiko Komura für den Zwischenfall, wie die
japanische Agentur Kyodo meldete. Seine Regierung bedauere den Todesfall,
wurde Win zitiert. Das Militär hätte sich gerne zurückgehalten. Die Proteste
würden nun aber auch abflauen.
Es werden viel mehr Opfer befürchtet
Der englische Premier
Gordon Brown verlautbart offiziell, was alle annehmen: Die Zahl der
Todesopfer in Burma ist viel höher als bisher berichtet. Beim Vorgehen der
Sicherheitskräfte gegen die Demokratiebewegung in Burma sind nach Ansicht
des britischen Premierministers Gordon Brown "viel mehr Menschen als
berichtet" getötet worden. Nach bisherigen Medienberichten wurden bei
den Zusammenstößen mindestens neun Menschen getötet. Zahlen nannte Brown
nicht.
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Brown äußerte sich am Freitag nach Telefongesprächen mit US-Präsident George W. Bush und Chinas Regierungschef Wen Jiabao. Der britische Premier und Bush erklärten nach ihrem Gespräch, der internationale Druck auf die Militärjunta müsse aufrechterhalten werden. Jetzt sei der UNO-Sicherheitsrat gefordert, forderte Brown. Die EU müsse Sanktionen gegen die Militärherrscher in Burma verhängen.
Die Tragödie
(c) AP
Der japanische Journalist Kenji Nagais bereiste Afghanistan und den Irak, berichtete in geheimer Mission aus Nordkorea. Die burmesische Metropole Rangun war die letzte Station des 50-Jährigen. Hier starb er am Donnerstag durch eine Kugel der Sicherheitskräfte, als er über die Proteste gegen die Militärjunta berichten wollte. Nachdem zunächst von einem Querschläger die Rede war, enthüllte der japanische Privatsender Fuji-Television am Freitag Filmmaterial, das einen anderen Hergang der Ereignisse nahelegt und für Entsetzen in Nagais Heimat sorgte: Demnach wurde Nagai offenbar von einem burmesischen Soldaten zu Boden gestoßen und dann regelrecht hingerichtet.
Mit voller Absicht getötet
Auf den Fernsehbildern sind
Soldaten zu sehen, die Demonstranten in Rangun verfolgen. Ein behelmter
Soldat scheint einen mit Shorts und Sandalen bekleideten - und als Nagai
identifizierten - Mann zu Boden zu stoßen. Als der Mann hilflos auf dem
Rücken liegt, mit der rechten Hand seine Videokamera fest umklammernd, ist
ein lauter Knall zu hören, während ein Soldat sein Gewehr auf Nagai
gerichtet hält. Fuji TV zufolge wurde Nagai keineswegs durch eine verirrte
Kugel, sondern mit voller Absicht getötet. "Angesichts des Winkels
seiner Waffe scheint dieser Soldat ihn zu erschießen", sagte
Koichi Ito, ein früheres Mitglied der schnellen Eingreiftruppe der
japanischen Polizei, dem Sender. Fuji-Television machte keine Angaben über
die Herkunft des Filmmaterials.
Japans Chef-Regierungssprecher und Kabinettssekretär Nobutaka Machimura sagte unter Berufung auf einen Arzt der japanischen Botschaft in Burma, eine Kugel sei in Nagais untere rechte Brustkorbhälfte eingedrungen, habe das Herz durchschlagen und sei dann am Rücken wieder ausgetreten. Tokio kündigte Ermittlungen an.